Neusser Radfahrerverein feiert 125-jähriges Bestehen
Der Neusser Radfahrerverein feiert 125-jähriges Bestehen. Aushängeschild ist die Tour de Neuss.
Neuss. Der Neusser Radfahrerverein (NRV) wird 125 Jahre alt. 1888 gegründet, zählt er damit zu den ältesten Sportvereinen in Deutschland. Seit zwölf Jahren ist der Club untrennbar verbunden mit der Ausrichtung der Tour de Neuss, die seitdem jedes Jahr Stars der Radsportszene im Anschluss an die Tour de France nach Neuss führt.
Zehn Freunde des Radsports gründeten den NRV am 15. September 1888 im Hotel Karl Wolters. Zum Vorsitzenden wurde Karl Wenge gewählt. Dem voraus gingen zwei begeistertende Rennen in Neuss im Januar und Februar, die zu der Vereinsgründung animierten.
Eine „scharfe Waffe“ besaß der Verein in den folgenden Jahren in Peter Kremer, der unter anderem das Rennen Ürdingen-Kalkar über 100 Kilometer in etwas mehr als vier Stunden gewann — für damalige Verhältnisse eine brillante Zeit.
1909 gesellte sich mit dem „Verein Neusser Straßenfahrer“ ein weiterer Verein hinzu. Hubert Steins leitete als Vater des traditionellen Straßenrennens Neuss-Aachen-Neuss das Vereinleben mit viel Geschick. Am Ostermontag 1922 wurden auf dem VfR-Platz die ersten Bahnrennen durchgeführt. Der NRV hatte sich endgültig im gesellschaftlichen wie sportlichen Leben in Neuss etabliert.
Die jüngere Vereinsgeschickte begann nach dem Zweiten Weltkrieg mit Christian und Paul Mayer, die neben der Organisation großer Rennen auch eine Vielzahl von Rennfahrern zu Erfolgen verhalfen. Herausragend war zum Beispiel Willi Franssen, der in den 50er Jahren insgesamt drei Deutsche Meistertitel im Zweier-Mannschaftsfahren und im Tandemrennen erreichte. Rudi Michalsky glänzte als erfolgreicher Fahrer der Straßen-Nationalmannschaft mit einem deutschen Meistertitel. Sein Bruder Hans war unter anderem Olympia-Teilnehmer 1972 in München und mehrfacher Militärweltmeister auf der Bahn.
Mit dem NRW-Stadtmarketingprojekt „Ab in die Mitte“ gab es 2001 das erste Rundstreckenrennen in der Neusser Innenstadt, der Sieger hieß Andreas Beikirch. Daraus entstand die Tour de Neuss, die jährlich bis zu 15 000 Radsportfans an eine 1000 Meter lange Rundstrecke an die Kaiser-Friedrich-Straße lockt. Motor des Spektakels war der damalige Vorsitzende Friedhelm Hamacher, der 2008 verstarb. Große Namen von Erik Zabel über Mario Cipollini bis Tony Martin tauchen in den Siegerlisten auf, doch nicht alle waren sauber. Dennoch hielt der NRV an der Veranstaltung fest, und die Zuschauer, die den Mittwochabend im Juli regelmäßig zu einem Straßenfest machen, danken es dem Verein bis heute.
Dennoch: Es wird für den NRV zunehmend schwerer, Sponsoren zu finden. In diesem Jahr sprangen drei kurzfristig ab, und die Tour de Neuss stand vor dem Aus. Auf den letzten Drücker gelang es dem Verein, das Rundstreckenrennen mit einem um ein Drittel kleineren Etat und entsprechend abgespecktem Fahrerfeld doch noch auf die Beine zu stellen.
Der aktuelle Vorsitzende Stephan Hilgers will auch in Zukunft nicht die Flinte ins Korn werfen: „Die Dopingsünder und ihre Helfershelfer haben den Radsport stark beschädigt. Die Folgen müssen wir alle ertragen: weniger TV-Präsens, Sponsoren, Geld und auch weniger Zuschauer. Dennoch wird die Tour de France und mit ihr der Radsport nicht untergehen.“ Die Frankreich-Rundfahrt fasziniere die Massen nach wie vor, sie schreibe den Stoff, aus dem Mythen gestrickt sind — die guten wie die schlechten. „Die Tour de France ist und bleibt ein Monument. Und weil das so ist, wird es auch die Tour de Neuss weiterhin geben — jedes Jahr am Mittwoch nach dem sonntäglichen Finale auf den Champs-Élysées in Paris“, sagt Hilgers trotzig.