Neusser stürzt 100 Meter tief ab
Der 47-Jährige verunglückte im Watzmann-Massiv. Inzwischen ist er wieder Zuhause.
Neuss/Ramsau. An der Südspitze des Watzmann-Bergmassivs ist ein 47-jähriger Neusser rund 100 Meter tief abgestürzt. Der verunglückte Bergwanderer, ein aktiver Schütze der Neusser Schützengilde, wurde schwer, aber nicht lebensgefährlich verletzt. Er konnte das Klinikum Traunstein, wohin die Rettungskräfte ihn mit dem Hubschrauber ausfliegen mussten, bereits verlassen und ist wieder Zuhause, will sich zu dem Unfall aber nicht äußern. Seine Bergung allerdings war spektakulär und liest sich wie ein Drehbuch aus der Serie „Die Bergretter“. Und nicht nur Rudi Wendt, Bereitschaftsführer der Bergwacht Ramsau im Berchtesgadener Land, sagt: „Glück gehabt.“
Der Neusser war am Samstag vor einer Woche auf der Watzmann-Überschreitung unterwegs. Eine anspruchsvolle Bergtour, wie Bergretter Thomas Meeß berichtet, die man aber ohne einen Bergführer bewältigen könne. Diese Überschreitung der drei Hauptgipfel des Berges — der höchste ragt 2713 Meter hinauf — sei zwar ein „hochalpines Unternehmen“, aber gerade wegen seines Verlaufs im Nationalpark Berchtesgaden sehr populär. An schönen Sommertagen, berichtet Wendt, werden mehr als 250 Wanderer auf diesem Weg gezählt, den die meisten als Zwei-Tages-Tour planen — mit Übernachtung im Watzmannhaus.
Nach Überwindung eines Grades, bei dem das Gelände nach Wendts Darstellung beiderseits bis zu 1800 Meter abfällt, führt die Tour beim Südspitz-Abstieg über steiles und felsiges Gelände (Schrofengelände), ohne ausgebaute Wege. „Am Ende sind viele erschöpft — und dann passiert so etwas“, sagt Wendt. Er glaubt, dass der Neusser „einfach gestolpert ist“. Das passiere öfter, aber selten mit solchen Folgen.
200 Meter unterhalb des Südgipfels stürzte der Neusser ab. Ein Freund und Begleiter versuchte ihn nach Auskunft des Bayerischen Roten Kreuzes aufzufangen und stürzte selbst 30 Meter tief, blieb aber weitgehend unversehrt. In 2480 Metern Höhe blieb er verletzt im Geröll liegen. Aufgrund dichter Wolken war er für den alarmierten Hubschrauber unerreichbar. Der konnte die Retter nur bis zu einem Notlandeplatz in 2300 Metern Höhe bringen. Die restliche Strecke mussten diese mit Gerät zu Fuß aufsteigen.
Der Polizeihubschrauber „Edelweiß 7“ führte weitere Alpinisten der Bergwachten Ramsau und Berchtesgaden nach, weil man davon ausging, dass der Neusser zu Fuß aus den Wolken heraus so weit nach unten getragen werden muss, bis ihn ein Helikopter aufnehmen kann. Noch im Anflug aber riss die Wolkendecke auf. Die Retter reagierten sofort: „Edelweiß 7“ setzte die Verstärkung am nahen Hirschwieskopf ab und flog direkt zur Unfallstelle weiter, wo er den in einem Luftrettungssack transportfertig eingepackten Neusser samt Notarzt per Winde aufnahm — und ins Tal flog.