OGS-Ausbau hinkt Bedarf hinterher

Die Nachfrage nach Kita-Plätzen und Angeboten im Offenen Ganztag steigt. Doch momentan fehlt es vor allem an Personal.

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Neuss. Leiterin Kerstin Mehl ist ratlos. Mittlerweile betreut ihr Team der Offenen Ganztagsschule (OGS) an der Karl-Kreiner-Schule 117 statt 100 Kinder, Tendenz weiter steigend. „Auf meiner Liste befinden sich noch zehn Familien, die ebenfalls einen Betreuungsplatz wünschen“, sagt sie.

Mehr Kinder bedeutet für viele OGS-Einrichtungen an Neusser Schulen Mehrbedarf an Räumlichkeiten, Möbeln, Spielzeug und vor allem Personal, der momentan nicht gedeckt wird. Ein Grund für die akuten Engpässe ist die von Bürgermeister Reiner Breuer im Sommer eingerichtete „Task Force OGS“ aus Vertretern von Stadt, Schulleitungen, OGS-Trägern, Gebäudemanagement, Schulaufsicht und Rechtsamt, um die Warteliste von im Juli rund 300 Kindern mit kurzfristigen Maßnahmen abzubauen. Mit Erfolg — am 15. Oktober befanden sich nur noch zehn Kinder auf der Warte- und weitere 50 auf einer Interessentenliste, wie das Schulverwaltungsamt mitteilt.

Letztere seien Familien, die einen Platz wünschen, aber noch keinen Antrag für die Aufnahme in ein OGS-Angebot ausgefüllt haben, erklärt Tobias Spange vom städtischen Presseamt. Diese Zahlen seien „erstaunlich niedrig“, sagt Mehl, zumal alleine an ihrer OGS zehn Familien auf einen Platz hoffen.

Der Abbau der Warteliste ist auch ein Erfolg für die Elterninitiave „Einen OGS-Platz für jedes Kind“, die sich Ende des Schuljahres 2016/17 formiert hatte. Die Stadt denkt noch ambitionierter: Jede Neusser Familie, die sich einen Betreuungsplatz für ihr Kind wünscht, soll diesen künftig auch erhalten. Dafür muss die Verwaltung ein Konzept inklusive Kostenplan erarbeiten.

Laut Schulveraltungsamt sollen mittelfristig rund 1100 neue OGS-Plätze entstehen, um einen geschätzten Betreuungsbedarf von 75 Prozent aller Grundschüler zu decken. Aktuell liegt die Quote bei 56 Prozent. Die OGS-Finanzierung fußt auf drei Säulen: Land, Kommune, Eltern. Bei einem städtischen Anteil von aktuell 400 Euro je OGS-Platz beziffert die Stadt die Mehrkosten auf rund 440 000 Euro, plus bauliche Maßnahmen. Bleibt der beantragte Zuschuss vom Land für den Mehrbedarf aus, muss die Stadt dieses Geld ebenfalls aufbringen. Mit Engpässen kämpft die Stadt auch beim Kita-Ausbau.

Das Jugendamt stellt weiterhin eine „steigende Nachfrage nach Plätzen in der Kindertagespflege“ fest. Zwar wurden in den letzten fünf Jahren 734 neue Plätze geschaffen. Doch das Ausbauprogramm läuft dem Bedarf zumindest in einigen Stadtteilen noch hinterher. Im Juli stellte der SPD-Stadtverordnete Marc Vanderfuhr etwa in Hoisten, Speck/Wehl und Weckhoven, wo die U3-Versorgungsquote bei nicht einmal 25 Prozent liege, akuten Handlungsbedarf fest. Die stadtweite Quote soll laut Plänen des Jugendamts von derzeit fast 50 Prozent bis 2022 auf 56 Prozent erweitert werden. Wird der Ausbau im aktuellen Tempo weitergeführt, kann die Stadt über diesen Zeitraum jedoch nur 42 Prozent des Bedarfs decken.

Zur Erhöhung sollen durch das 2016 beschlossene Kita-Ausbauprogramm zunächst 150 neue U3-Plätze entstehen und bis 2020 acht neue Kitas mit 320 Plätzen gebaut werden, so die Vorgabe des Jugendamts. Mit einem Investitionsvolumen von 5,36 Millionen Euro plant das Gebäudemanagement für 2018 immerhin zwei Kita-Festbauten.