Politik winkt Haushalt durch
Finanzausschuss tagte. Mehr Geld gibt es für Spielplatzsanierungen.
Neuss. Die Stadt — und mit ihr die Ratsvertreter — lernen, mit roten Zahlen zu leben. Der nächste Etat wird einen Fehlbetrag von 66 Millionen Euro ausweisen. Doch das macht niemanden nervös, denn 2018 bezahlt Neuss die Zeche für einen besonderen Geldsegen: Im Frühling nahm Kämmerer Frank Gensler eine einmalige Gewerbesteuer-Zahlung von Johnson & Johnson entgegen, die fällig wurde, weil das Unternehmen mit Sitz in Rosellen eine Holding-Verlegung nach Wien vollzog. Die Mehreinnahmen von 152 Millionen Euro führen zu höheren Umlagen und Abgaben, die im kommenden Jahr zu Buche schlagen.
Unter dem Strich profitiert Neuss von der Zahlung natürlich. So baut sich die Ausgleichsrücklage der Stadt wieder auf, so dass sie mit 58,4 Millionen Euro das Niveau von 2007 erreicht. Dieses Finanzpolster lässt die Stadtverordneten ruhig schlafen, obwohl — um Sondereffekte bereinigt — 2017 und 2018 im Ergebnis so abschließen, wie es vor der Gewerbesteuer-Überraschung war und ab 2019 auch wieder sein wird: Neuss hat ein strukturelles Haushaltsdefizit von rund zehn Millionen Euro. Nicht schön, aber verkraftbar. Der Finanzausschuss winkte den Haushalt 2018 schließlich einstimmig durch.
Wer so viel Geld auf der hohen Kante weiß, der bringt Etatberatungen schnell hinter sich. Gestern winkte der Finanzausschuss in zweieinhalb Stunden das Zahlenwerk mit 473 Millionen Euro Einnahmen und 540 Millionen Euro in den Aufwendungen durch. So schnell ging’s noch nie.
Dass sich das Defizit gegenüber dem Entwurf vom September um rund elf Millionen Euro verringert, ist der Ankündigung der schwarz-gelben Landesregierung zu verdanken, den sogenannten Kommunal-Soli wieder abzuschaffen. Dadurch verbessert sich Neuss um 10,5 Millionen Euro.
In Geberlaune sattelten die Finanzpolitiker noch rund 300 000 Euro auf, um Neusser Spielplätze zu renovieren. Die schwarz-grüne Koalition hatte diese bisher nicht vorgesehene Finanzspritze beantragt.
Der Ausschuss beschloss auch ein sogenanntes Konsolidierungspaket. Eine interfraktionelle Arbeitsgruppe hatte Sparmaßnahmen in allen Dezernatsbudgets identifiziert. Am Ende kamen 730 000 Euro zusammen. So verfehlten die Politik ihr selbst gestecktes Ziel von zwei Millionen Euro. Aber auch darüber regte sich kein Stadtverordneter auf.
Schwarz-Grün weigert sich, die Herbert-Karrenberg-Schule an den Rhein-Kreis zu übertragen, der gewillt ist, kreisweit alle Förderschulen zu führen. Beratungen sollen im Schul- und später wieder im Finanzausschuss erfolgen. Erklärte Gegner der Schul-Übertragung sind die Grünen. „90 Prozent der Kinder, die in die Karrenberg-Schule gehen, kommen aus Neuss“, sagt Fraktionschef Michael Klinkicht: „Warum sollen wir unsere Kinder in die Obhut des Kreises geben?“