RWE-Arbeiter fühlen sich bedroht
Der Energiekonzern rechnet heute mit militanten Aktionen. Ein Fahrzeug mit Gaskanistern wurde bereits entdeckt.
Grevenbroich. Braunkohlegegner drohen für heute weitere bundesweite Störungen des Betriebs von RWE Power an. Der Energiekonzern „nimmt diese Warnungen sehr ernst“, sagte gestern Sprecher Guido Steffen. Das Unternehmen rechnet nicht nur mit Protesten und Blockaden, wie sie sich etwa im August und November vergangenen Jahres ereigneten. Diesmal werden auch militante Aktionen befürchtet.
„Darauf lassen mehrere Hinweise im Internet schließen“, sagt Steffen. Erst vor wenigen Tagen wurde über Twitter ein Brandanschlag auf eine RWE-Pumpstation „gefeiert“ — als „erstes Rauchzeichen“ für neun Aktivisten der Hambacher-Forst-Bewegung, die im Januar in Untersuchungshaft genommen wurden. „Auch wenn wir trotz intensiver Suche keinen Hinweis auf einen Anschlag gefunden haben, erschreckt die Tonalität dieses und ähnlicher Posts“, meint der RWE-Sprecher.
Markus Kosma, Leiter des Tagebaus Garzweiler
Wie bedrohlich die Situation sei, habe sich am Donnerstag auf der Landstraße 276 bei Morschenich gezeigt. In der Nähe des Parkplatzes „Manheimer Bürge“ wurde ein Fahrzeug mit zwei unterschiedlichen Kennzeichen entdeckt, das mehrere Gasflaschen und Kanister an Bord hatte. „Aktivisten drohten später für die Nacht zu Freitag eine Brandstiftung am RWE-Eigentum an“, schildert Steffen. „Die blieb zwar aus, doch die Ankündigung bleibt im Raum.“ Mitarbeiter des Konzerns und der Partnerfirmen würden sich massiv bedroht fühlen, kämen mit Sorge zur Arbeit.
Wo und wann heute mit Aktionen gerechnet werden muss, ist unbekannt. „Wir haben unsere Bereitschaftsdienste verstärkt, falls es zu Besetzungen des Tagebaus oder von Gleisen kommen sollte“, kündigt Markus Kosma, Leiter des Tagebaus Garzweiler, an. Auch die Störbereitschaften für den Betrieb auf der Nord-Süd- und Hambachbahn seien am Wochenende mit größerer Mannzahl im Einsatz. Denn sollten wieder Wurfanker von Brücken auf Oberleitungen geworfen werden, müssten eventuelle Kurzschlüsse schnell behoben werden, damit der Kohlenachschub für die Kraftwerke weiter läuft. Zum Schutz der Lokführer vor den meist mit Steinen beschwerten Ankern wurden die Frontscheiben der Werksbahnen mittlerweile mit splittersicherem Glas und Gittern nachgerüstet.
Was Gleisblockaden betrifft, warnt Kosma die Braunkohlegegner vor allzu großem Leichtsinn. Wer sich an die Schienen kette, dürfe nicht darauf hoffen, dass ein Zug innerhalb von 50 Metern zum Stoppen komme. Die Werkbahnen hätten eine Last von 1400 Tonnen an Bord — ihr Bremsweg betrage mehrere 100 Meter. „Vielen ist nicht bewusst, welche Gefahr von einem solchen Zug ausgeht“, sagt Kosma.
Die Einfriedung des Tagebaus Garzweiler ist in den vergangenen Tagen noch einmal überprüft worden, die Aufgänge zu den Großgeräten wurden mit Absperrungen versehen. Guido Steffen hofft, dass das Wochenende ohne die im Internet angekündigten Aktionen verlaufen wird. „Gewalt gegen Menschen und Anlagen darf in einem Rechtsstaat kein Mittel der Meinungsäußerung sein“, sagt er. „Die Realität sieht leider anders aus.“