Schaufenster bleiben undekoriert
Viele Einzelhändler verzichten aus Kostengründen auf die Dekoration ihrer Fenster und verkleben sie stattdessen. Ein Verstoß gegen die Werbesatzung.
Neuss. Die Zukunftsinitiative Innenstadt Neuss (ZIN) hat dazu aufgerufen, die Schaufenster schützenfestlich zu dekorieren. Rund 100 Händler beteiligten sich in den vergangenen Jahren an diesem Wettbewerb. Doch immer mehr Geschäfte könnten sich gar nicht engagieren, weil sie ihre Schaufensterflächen einfach verkleben — und damit auch gegen die Werbesatzung der Stadt verstoßen. Leidtragende sind Händler, die sich Mühe geben.
Kosmos Nikolaou ist einer von ihnen. Vor einigen Monaten hat er in der Kastellstraße sein Geschäft „Golden Tree“ eröffnet, wo es griechische Spezialitäten und nach Ansicht mancher Kunden den besten Kaffee der Stadt gibt. Die Straße sei eine schöne Allee, das Kastellum genannte neue Geschäftshaus gelungen, doch die zugeklebten Fenster seiner Nachbarn zerstörten den Eindruck. „Die verbarrikadieren sich“, sagt Nikolaou, der sich nicht noch einmal für diesen Standort entscheiden würde — und dafür auch der Stadt die Schuld gibt.
Die Straße, die der wichtigste Zugang zum Neumarkt ist, müsste so aufgewertet werden, dass man „auch Lust hat, sie zu betreten“. Er unterstütze diese Beschwerde, die auch schon bei Ortsbegehungen von der ZIN-Quartiersbeauftragten Judith Hapke vorgetragen wurde, erklärt dazu Thomas Werz. Für den City-Manager bei Neuss-Marketing sind verklebte Schaufenster eine „Verschandelung, die nicht zum Bummeln einlädt“. Die 2005 erlassene Werbesatzung erlaube deshalb auch nur, dass maximal 20 Prozent der Fensterfronten unter Folie verschwinden können. Und sie verbietet strikt, sagt Werz, aus diesen Folien durch Aufbringen von Logos und Firmenemblemen Werbeflächen zu machen.
Thomas Werz, City-Manager
Diese Bestimmungen müsste das Planungsamt der Stadt auch durchsetzen, sagt er und weiß dabei den ZIN-Vorsitzenden hinter sich. „Wir haben ein Interesse daran, dass das nicht einreißt“, sagt Christoph Napp-Saarbourg, der das Thema „Verklebte Fenster“ regelmäßig aufruft.
Doch es gibt Grauzonen. Wenn ein Großfoto ein Schaufenster füllt, könnte das nicht als billiges Verkleben sondern als moderne und zeitgemäße Werbeform „verkauft“ werden, meint Jochen Niehoff. Und eine solche Sicht, so der Manager des Modehauses Heinemann, werde nur schwer anzufechten sein.
Eine andere Grauzone zeichnet Peter Fischer auf. Befreiungen von der Werbesatzung würden im Regelfall nicht erteilt, sagt der Pressesprecher der Stadt, geduldet aber würden vollflächig sauber verklebte Fenster, die keine Werbeanlage darstellen. So wie bei Rossmann an der Kastellstraße. „Wir gehen davon aus, dass diese Lösung besser ist als die unverdeckte Ansicht von Verkaufsregalen“, sagt Fischer.
Viele Händler entscheiden die Frage „Dekorieren oder verkleben?“ unter Kostengesichtspunkten — vor allem in den Randlagen der Innenstadt. Dabei seien verklebte Schaufenster schrecklich, findet die Schau- und Werbegestalterin Susanne Jabs. Kunden kämen „rein auf Ansprache durch das Schaufenster ins Geschäft“, sagt die Fachfrau. „Einfach weil sie sehen: Hey, da ist was Neues.“ Allerdings würden bei Umbauten Schaufenster oft zugunsten großer Eingangsbereiche verkleinert. Das, so sagt Jabs, sei ein ganz anderer Trend.