Schutzgesetz: Nachsicht mit Raucherclubs
Das Ordnungsamt Neuss will das Hauptsacheverfahren zur Rechtmäßigkeit der Clubs abwarten, bevor schärfer kontrolliert wird.
Neuss. Das Marienbildchen an der Neustraße ist eine der ältesten Kneipen in der Stadt. Der Szenetreff hat mit einem cleveren Schachzug auf die Einführung des Nichtraucherschutzgesetzes 2008 reagiert.
„Der Gastronom hat einen seiner Räume aufgegeben und ist so unter die 75-Quadratmeter-Höchstgrenze gefallen. So hat er eine gesetzeskonforme Lösung gefunden und konnte selbst entscheiden, ob er einen Raucher- oder Nichtraucherbetrieb führen wollte“, sagt Jürgen Schmitz vom Ordnungsamt.
„Bei uns wird geraucht. 70 bis 80 Prozent der Gäste sind Raucher. Der Rest akzeptiert das, sonst würden sie ja nicht kommen“, sagt Michael Bott, der das nun rund 65 Quadratmeter große Marienbildchen im zehnten Jahr betreibt. Einen Raucherclub wollte er nicht gründen. „Das ist zu aufwändig.“ Weniger Gäste hat er nicht zu beklagen. „Ich bin aber sicher, dass irgendwann ein grundsätzliches Rauchverbot kommt — und das wird Einbußen mit sich bringen.“
Den meisten Gastronomen sei es gelungen, eine entsprechende Gelegenheit zum Rauchen zu schaffen, betont Jürgen Schmitz: „Und wenn es nur der Aschenbecher im Flur ist. Manche, wie die Betreiber der Jever Skihalle, haben richtig viel Geld in einen Umbau gesteckt und separate Räume errichtet.“
Die Lösung, einen Betrieb in einen Raucherclub umzuwandeln, stößt bei Schmitz nicht auf Begeisterung: „Machen wir uns nichts vor: Das Konstrukt des Raucherclubs ist als Deckmäntelchen missbraucht worden.“
Wieviele Clubs es in Neuss gibt, kann auch die Dehoga nicht sagen, weil sie nicht meldepflichtig sind. Schmitz schätzt, dass es rund 15 Raucherclubs gibt.
Mit einem Eilbeschluss hat nun das Oberverwaltungsgericht Münster die Existenz der Clubs in Gaststätten grundsätzlich in Frage gestellt. Es sei eine „unzulässige Umgehung des gesetzlichen Rauchverbots“, so die Begründung. Das Gesundheitsministerium hat den örtlichen Ordnungsämtern empfohlen, schärfer dagegen vorzugehen.
Während Städte wie Wuppertal die schärfere Auslegung bereits anwenden, will Neuss die ausstehende Entscheidung im Hauptsacheverfahren abwarten. Bislang hält sich Schmitz zurück: „Wir kontrollieren anlassbezogen.“ Das kommt mittlerweile seltener vor: „Anfangs gab es jährlich 30 bis 40 Beschwerden vor, mittlerweile sind es vereinzelte.“
Rauchfrei geht es im Marktcafé zu — seit sechs Jahren: „Das ist ein kleines Haus ohne Lüftung. Zu Kaffee und Kuchen passt keine Qualmwolke“, sagt Betreiberin Susanne Schoepe. Mancher Stammgast kommt deshalb nur in den Sommermonaten, in denen er auf der Terrasse dem Tabakgenuss frönen kann.
Schoepe: „Ich ärgere mich, dass das Rauchverbot in Gaststätten nicht konsequent kontrolliert wird. Wenn ich falsch parke oder meinen Hund nicht anleine, werde ich auch verwarnt.“