Straßenkind für einen Tag
Janusz-Korczak-Schüler machten auf die Situation von Straßenkindern in armen Ländern aufmerksam.
Neuss. Die Kinder sind hoch motiviert. Über ihre normale Kleidung haben sie sich alte, teils schmutzige oder zerrissene Lumpen übergezogen, die Gesichter sind mit Ruß geschwärzt. Sie wollen genauso aussehen, wie sie sich Straßenkinder vorstellen.
Am Samstagvormittag zogen sie dann durch die Neusser Innenstadt und schütteten mitgebrachten Müll vor einer Bäckerei an der Niederstraße aus, stellten Schilder auf und legten sich in Kartons, die sie vor der Kälte schützen sollten. „Die Leute, die an uns vorbeikommen, schauen meist verstört“, erzählt Davut Dogor.
Der Zehnjährige ist Schüler der 6b und besucht die Janusz-Korczak-Gesamtschule (JKG). Aber es gab auch Reaktionen, über die sich Davut und seine Freunde richtig geärgert haben. „Vor allem von Altersgenossen und älteren Jugendlichen sind wir richtig abschätzig angeguckt worden“, empörte sich Ilkay Akan (11).
Kommentare wie „Der sieht ja aus wie ein Penner“, haben die Schüler ganz deutlich spüren lassen, wie sich das anfühlen muss, ein Straßenkind zu sein. Mit einem Dutzend Mitschülern haben sich Davut und Ilkay am Samstag an der Aktion „Straßenkind für einen Tag“ des Kinderhilfswerks Terre des hommes beteiligt.
Seit 2002 gestalten Mitglieder des Kinderhilfswerks Terre des hommes zum 20. November den Aktionstag, dem Tag an dem 1989 die UN-Kinderrechtskonvention verabschiedet wurde, um auf die Missachtung der Rechte von Straßenkindern aufmerksam zu machen.
Sie haben aber nicht nur nachgestellt, wie Kinder in Ländern wie Indien oder Kambodscha auf der Straße Leben, sondern haben auch typische Straßenkinder-Arbeiten wie das Schuheputzen verrichtet oder von Firmen gespendete Artikel in einem Bauchladen verkauft.
Mit den Spenden werden in diesem Jahr Aktionen in Kambodscha unterstützt. „Da sich Kambodscha jetzt langsam öffnet, können wir dort tätig werden“, sagte Gerd Faruß, Sprecher von Terre des hommes in Neuss.
Der Fokus läge jetzt auf der Stützung der ökologischen Kinderrechte. „In Afrika, aber auch in vielen Ländern Südamerikas haben die Menschen mit verseuchtem Wasser zu kämpfen“, berichtete Faruß. Das würde Kindern und ihren Familien die Lebensgrundlage entziehen.
Auf ihren Einsatz sind die Schüler der JKG in einer AG, zu der sie sich freiwillig gemeldet haben, gut vorbereitet worden. Sie haben gelernt, in welch feindlicher Umgebung die Straßenkinder leben müssen und welchen Gefahren sie ausgesetzt sind.
„Wir machen hier mit, weil uns die Kinder leid tun und wir möchten, dass sie auch etwas zu essen haben oder in die Schule gehen können“, sagte Laurin Uhl (11). Daher war er sehr erbost darüber, dass manche Passanten ihn und seine Kameraden so gar nicht beachtet haben.
Maya Seifert hat vor zwei Jahren mitgemacht und ist seitdem jedes Mal dabei — obwohl sie inzwischen gar nicht mehr an der Gesamtschule ist. „Es ist schön, Kindern in Not zu helfen“, findet sie. Im vergangenen Jahr haben die Kinder 200 Euro gesammelt und waren mächtig stolz darauf: „Vor allem können wir bei Terre des hommes direkt sehen, wohin das Geld fließt.“