Vermummte überfallen türkisches Zentrum
Unbekannte haben das Büro einer Erdogan-nahen Gruppe angegriffen. Verletzt wurde keiner. Nun ermittelt der Staatsschutz.
Grevenbroich. Nach einem brutalen Überfall auf das Büro der „Union Europäisch-Türkischer Demokraten“ (UETD) an der Dechant-Schütz-Straße war die Polizei am Freitagabend im Großeinsatz. Gegen 19 Uhr überfielen etwa 20 vermummte Personen, die unter anderem mit Baseball-Schlägern bewaffnet gewesen sein sollen, das Ladenlokal. Sie zertrümmerten Scheiben und Eingangstüren. „Nach aktuellem Kenntnisstand ist niemand verletzt worden“, sagte Polizeisprecherin Diane Drawe.
In dem Büro der als Erdogan-nah geltenden UETD war am Abend eine Versammlung mit dem Internet-Blogger Bilgili Üretmen angesetzt. „Wir waren draußen kurz eine rauchen“, schilderte ein Augenzeuge, der nicht genannt werden möchte. „Auf einmal kam aus Richtung Rheydter Straße eine Menschengruppe auf uns zu, die immer schneller wurde und dann auf uns zu rannte. Wir sind sofort rein und haben die anderen gewarnt und uns in den Räumen verschanzt.“
Sekunden später habe es Schläge auf die Fensterfront des Büros gehagelt. Das schusssichere Glas habe aber Stand gehalten, es sei niemandem gelungen, in das Büro vorzudringen. Nach Angaben des Augenzeugen sollen unter den Vermummten sowohl Männer als auch Frauen und Kinder gewesen sein. Die Täter setzten sich nach dem Überfall zu Fuß ab und verschwanden.
Als die Polizei mit einem Großaufgebot — unterstützt von Einsatzkräften aus Düsseldorf und Mönchengladbach — anrückte, waren die vermummten Gestalten offenbar bereits über alle Berge. Zur Sicherung der Lage und zur Suche nach den Tätern wurde ein Sondereinsatzkommando der Polizei angefordert. Mindestens acht Mannschaftswagen mit Beamten waren kurze Zeit später zur Stelle und riegelten das Umfeld des Tatortes ab.
Die Täter sollen sich unmittelbar vor dem Überfall an der Rheydter Straße gesammelt haben und von dort zu Fuß zum UETD-Büro gezogen sein. Nach Angaben von Augenzeugen des Vereins seien sie mit Rufen wie „Lang lebe Abdullah Öcalan“ die Straße heruntergekommen. Offensichtlich war ein möglicher Angriff bereits am Vorabend über Facebook angekündigt worden. Die Dechant-Schütz- und ein Teil der Rheydter Straße blieben bis in die Nacht gesperrt. Die Polizei leitete umfangreiche Fahndungsmaßnahmen ein. „Dabei wurden mehrere Personen kontrolliert. Die Ermittlungen sollen zeigen, ob sie mit dem Angriff in Verbindung stehen“, sagte Diane Drawe
Ende März war das UETD-Büro in Grevenbroich schon einmal überfallen worden. Unbekannte hatten einen Brandsatz auf das Gebäude geworfen. Der Staatsschutz hatte den Anschlag als politisch motiviert eingestuft und Ermittlungen aufgenommen. Die UETD wird als Lobby-Organisation der türkischen Regierungspartei AKP eingestuft. 400 Ortsvereine der UETD gibt es in Deutschland. Die Organisation sieht sich vor allem Angriffen der Kurdischen Arbeiterpartei PKK ausgesetzt und berichtet auf ihren Internetseiten wiederholt von Überfällen auf verschiedene Büros in der Bundesrepublik, für die PKK-Aktivisten verantwortlich gewesen sein sollen.
Die Spurensicherung war am Samstag wieder abgezogen, die Mitglieder der UETD konnten wieder ihre Räume an der Dechant-Schütz-Straße nutzen, das beschädigte Panzerglas zeugte von den Attacken am Abend zuvor. Nun ermittelt der Staatsschutz wegen Verdacht auf Landfriedensbruch, eine politisch motivierte Tat werde „nicht ausgeschlossen“.„Ich verurteile diesen Überfall, es hätte Verletzte geben können“, erklärt Ismail Yavuz, Mitglied des Integrationsrates. „Wir werden das Thema in den Integrationsrat bringen und sollten mit Verein, Polizei und Stadt sprechen, wie die Sicherheit verbessert werden kann“.