Von Weltmeistern Fechten lernen
Seit fünf Jahren gibt es bei der SG Kaarst eine Jugend-Fechtabteilung. Die Trainer halten Ausschau nach Talenten.
Kaarst. Als sechsjähriges Mädchen tanzte Ester Mix Ballett. „Irgendwann fragte meine Tochter, ob man beim Ballett Medaillen und Pokale gewinnen kann“, sagt Ellen Mix, neue Leiterin der Abteilung Fechten bei der Sportgemeinschaft (SG) Kaarst. „Schwierig“, lautete die Antwort der Mutter. Damit war für Esther der Reiz der Ballettstunden verflogen.
Beim Lesen der Sportarten, die die SG Kaarst für Kinder anbot, blieb sie beim Buchstaben F wie „Fechten“ hängen. Als sie hörte, dass es sich dabei um einen Kampfsport handelt, bei dem es um Schnelligkeit und Leistung geht, war sie Feuer und Flamme — und tauschte das rosa Tutu gegen eine weiße Fechtjacke ein. „Fechten macht mir Spaß, besonders die Beinarbeit und das Gefecht mit einem Gegner“, erklärt die heute Achtjährige. Sie zählt zu den zwölf Mädchen und Jungen zwischen acht und 16 Jahren, die montagabends in der Turnhalle der Martinusschule den Säbel schwingen — und zwar unter professioneller Anleitung.
Aber: „Die Gefechte machen nur Spaß, wenn genügend Kinder am Training teilnehmen“, sagt Ellen Mixt. „Daher sucht der Verein nach Jungen und Mädchen, die den Sport ausprobieren möchten.“
Chefcoach Gergely Bokor kommt aus Ungarn. Der 34-Jährige ist einer von drei Trainern, der die 2012 gegründete Fecht-Jugendabteilung der SG Kaarst betreut; zudem trainiert „Gergö“, wie er von den Kindern genannt wird, junge Säbelfechter am Bundesstützpunkt in Dormagen. In Ungarn hatte er Jugendliche bei Europa- und Weltmeisterschaften betreut. „Wir halten auch in Kaarst nach Talenten Ausschau. Wer möchte, kann zusätzlich in Dormagen am Leistungstraining teilnehmen.“
Zu Beginn der Montags-Einheit der SG Kaarst in der speziell fürs Fechten eingerichteten Turnhalle stehen Beinarbeit und Reaktion im Vordergrund. „Ballspiele oder ein Parcours trainieren das ideal“, sagen die Co-Trainer Tom Möller, 22, Deutscher Mannschaftsmeister im Säbelfechten, und Lorenz Kempf, Einzel-Weltmeister in der U20-Altersklasse.
„Gergö“ ruft Ester Mix zur „Lektion“, einem fünfminütigen Einzeltraining. „Die Beine brauchen Ausdauer, Kraft und Flexibilität, der Rumpf muss stabil und die Schuler locker bleiben“, erklärt der Trainer, während Esther seine Angriffe pariert. Nach nicht mal einem Jahr Training bei der SG Kaarst und in Dormagen hat Esther Mix letztes Jahr die Prüfung für den Fechtpass geschafft. Ein Bambini-Turnier hat sie bereits bestritten — und darf nach den Sommerferien endlich bei „richtigen“ Turnieren auf Medaillenjagd gehen.
Höhepunkt des Trainingsabends sind die Gefechte. Mit dem Säbel, der kompliziertesten der drei Fechtwaffen, dürfen Treffer am Rumpf, Kopf und Armen erzielt werden. Treffen, ohne selbst getroffen zu werden, heißt die Devise, als Esther Mix ihrem Gegner in Fechtstellung gegenübertritt, dem elfjährigen Lukas Thießen, der 2016 vom Fußball zum Fechten gewechselt ist. „Fechten ist schnell“, sagt er, „ich kämpfe mit einem Gegner — das gefällt mir.“