Zehnkämpfer träumt von Medaille

Jan Ruhrmann trainiert beim TSV Bayer Dormagen und wohnt im Sportinternat Knechtsteden. In zwei Wochen fährt er zur U20-WM nach Polen.

Foto: Anja Tinter

Knechtsteden. Aufstehen, frühstücken, gegen 7.30 Uhr Abfahrt nach Jülich zur Fachhochschule, Seminare, Vorlesungen bis zum späten Nachmittag, dann wieder Richtung Dormagen zum Training; gegen 21 Uhr Ankunft im Sportinternat, essen und eventuell noch ein wenig lernen: Die Tage von Jan Ruhrmann sind ziemlich durchstrukturiert. Kein Wunder, wenn man „zweigleisig“ fährt. Der 18 Jahre alte Oberhausener ist Leistungssportler und Maschinenbau-Student.

Beides ist recht zeitintensiv. Um sich nach dem Abitur nicht gleich neben dem intensiven Training auch noch komplett um einen eigenen (Studenten-) Haushalt kümmern zu müssen, hat er sich in Knechtsteden beworben, dem einzigen Standort in Deutschland übrigens, betont Internatsleiter Henning Heinrichs, der Zehnkämpfern optimale Bedingungen böte. Das hat auch Jan gedacht, als er im vergangenen Jahr in Knechtsteden einzog, und sich seither in seinen Leistungen „wahnsinnig“, so Heinrichs, gesteigert habe. Am 19./20. Juli wird er nun zum ersten Mal an einer Weltmeisterschaft, die im Polnischen Bydgoszcz stattfindet, teilnehmen. Antreten wird der 18-Jährige im Zehnkampf der Junioren U20 mit einer Weltjahresbestleistung von 7972 Punkten. Eine bessere Punktzahl hatte bei der Qualifikation keiner der anderen Teilnehmer erreicht. Dennoch bleibt Jan gelassen, sieht sich nicht in der großen Favoritenrolle. Denn eine Top-Leistung an zwei Tagen kontinuierlich abzurufen, ist nicht nur eine Frage des Könnens, sondern auch eine der Psyche und Umstände.

Eine Medaille hätte er natürlich aber schon gern. „Ich fahre hin, gucke, was geht, und wenn dann noch eine Medaille dabei herumkommt, wäre das super“, sagt der Sportler. Zurzeit denkt er auch nur bis zur WM. Ob er vier Wochen später auch an den Deutschen Meisterschaften teilnehmen wird, weiß er noch nicht. Danach wäre dann erst einmal Wettkampfpause. Was nichts heißt, denn das Training geht weiter. Immer in zehn antreten ist nicht ohne.

„Ich kenne keine Disziplin, bei der die Kameradschaft unter den Konkurrenten so groß ist wie bei den Zehnkämpfern“, sagt Henning Heinrichs. Nach einem Wettkampf sei es Tradition, dass alle gemeinsam eine Runde durchs Stadion drehen und sich beim Publikum bedanken. Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer — das wird von den jungen Sportlern an zwei Tagen verlangt. Worin er, Jan, seine Stärken sieht? „Im Wurf und 1500-Meter-Lauf“, sagt er. Sieben der zehn Disziplinen hatte er bei der WM-Quali mit Bestleistung geschafft. Körperliche Schwachstellen können sich Zehnkämpfer nicht leisten. Bei in der Regel drei Wettkämpfen pro Jahr muss alles stimmen.

Je drei Versuche bei den Sprüngen und Würfen, jeweils einmal antreten für die drei Läufe: Da kann auch schnell etwas daneben gehen, von Verletzungen ganz abgesehen. Mit denen hatte Jan bis jetzt nicht viel zu tun. „Ich bin unkaputtbar“, sagt er und lacht. Lernen muss er aber auch. Vor der WM steht noch eine Klausur an. Da kann, aber will er keinen zweiten Versuch starten müssen.