Verschwundene Monokelkobra Schlangensuche in Herne - Hausbewohner sind „genervt und verärgert“

Herne · Die Giftschlange von Herne bleibt verschwunden. Die Anwohner sind genervt: Von den Schaulustigen, die nur mal gucken wollen, am besten mit gezücktem Handy. Die ausquartierten Bewohner können nur warten und hoffen, dass sie schnell in ihre Wohnungen zurück dürfen.

Eine Absperrung der Stadt Herne steht vor mehreren Mehrfamilienhäusern. Die Reptilienexperten der Feuerwehr Düsseldorf haben ihre Durchsuchungen abgeschlossen.

Foto: dpa/Marcel Kusch

Wo ist die Giftschlange von Herne? „Man weiß ja nicht, ist sie noch drinnen oder ist sie schon draußen?“, fragt sich Jörg Lippe. Der 57-Jährige wohnt nur ein paar Häuser von der Mehrfamilienhaus-Anlage entfernt, in der die Monokelkobra am Sonntag im Treppenhaus gesehen wurde. „Meine Nachbarn haben kleine Kinder. Die gehen im Moment nicht in den Garten. Es ist zu riskant.“

Lisa-Marie Schapeit (17) hatte das Tier am Sonntagnachmittag als Erste gesehen. Ihr Freund machte das einzige Foto der Schlange. Auf dieser Grundlage schätzten Experten deren Länge auf 1,40 bis 1,60 Meter. Seitdem fehlt jede Spur des Tieres. Weder fanden sich Kriechspuren in ausgestreutem Mehl, noch blieb die Schlange an Klebestreifen hängen.

Fest steht: Ein Biss der in Asien beheimateten Schlange kann lebensgefährlich sein. Aus Sicherheitsgründen liegt deshalb bereits ein Gegengift in der Uniklinik Düsseldorf bereit. Als Reptilienexperten der Feuerwehr Düsseldorf am Mittwoch und Donnerstag die Wohnanlage akribisch durchkämmten, waren stets ein Notarzt und Rettungskräfte in der Nähe.

Die Stadt geht davon aus, dass die Kobra aus der Wohnung eines Mieters stammt, in der dieser 20 Giftschlangen hielt. Er soll damit gehandelt haben. Laut Stadt bestreitet er, dass die Schlange aus seinem Bestand kam. Der Wohnkomplex war bereits am Sonntag aus Sicherheitsgründen evakuiert worden. Die 30 Bewohner der Häuser mussten ihre Wohnungen verlassen. Sie kamen bei Verwandten und Bekannten unter, einige auch in einer Notunterkunft. Seit der Räumung dürfen sie jeweils nur kurz unter Begleitung in ihre Wohnungen, um persönliche Gegenstände zu holen. Die Feuerwehr hat die Haustürschlösser ausgewechselt. Die Stadt hält es weiterhin für wahrscheinlich, dass sich das gefährliche Tier in dem Gebäudekomplex aufhält.

Wie jeden Tag sind auch am Freitag einige Bewohner zu den Häusern gekommen, um sich auszutauschen und gemeinsam zu warten. „Ich bin heute bei meinem Sohn ausgezogen“, erzählt Anette Paternostro (63). Sie wohne jetzt in einem Hotel. Ihre Stimmung bezeichnete sie als „genervt und verärgert“. „Es fängt mit der entwischten Schlange an und hört mit den Gaffern auf.“

Blick auf den Ortsteil Holthausen.

Foto: dpa/Marcel Kusch

Viele Auswärtige kämen vorbei und fotografierten. „Das ist unmöglich“, findet sie. Der Reporter war zuvor selbst Zeuge geworden, wie ein Geländewagen vorbeifuhr, aus dem heraus ein Mann ein Handy hielt und offenbar das Haus filmte. Provisorisch aufgestellt „Durchfahrt verboten, Anlieger frei“-Schilder auf der Straße scheinen nur wenige Schaulustige davon abzuhalten, den Bereich zu durchfahren.

Eine 52-jährige Nachbarin, die drei Häuser weiter wohnt, regt sich sehr auf. „Es nimmt Ausmaße an“, sagt sie. Ihr Auto werde zugeparkt. Spreche man die Leute an, gebe es patzige Antworten. „Das Ordnungsamt muss sich irgendwas einfallen lassen.“

So richtig Angst vor der Schlange hat offenbar keiner. „Solange sie nicht bei mir ist, nein“, sagt ein 71-Jähriger Nachbar. Ein anderer sagt: „Ich habe Respekt, aber keine direkte Angst.“ Er habe in den vergangenen Tagen seinen Garten normal weitergenutzt.

Wie es nun weitergeht, ist offen. Reptilien-Experten der Feuerwehr Düsseldorf hatten den Komplex am Mittwoch und Donnerstag nochmal genauestens durchsucht, ohne die Schlange oder auch nur eine Spur des Tieres zu finden.

Über das weitere Vorgehen wollten sich die beteiligten städtischen Behörden am Freitagvormittag beraten. Am Nachmittag wollte Hernes Oberbürgermeister Frank Dudda (SPD) in der Nähe der Häuser die Öffentlichkeit über den Stand der Maßnahmen informieren.

Am Mittwoch hatte die Stadt noch mitgeteilt, dass notfalls der gesamte Gebäudekomplex in Folie verpackt und begast werden soll, falls alle anderen Maßnahmen erfolglos bleiben. Eine Spezialfirma garantiere, dass nach solch einer 24 Stunden dauernden Begasung alle lungenatmenden Lebewesen getötet seien, hatte Ordnungsdezernent Johannes Chudziak gesagt.

(dpa)