Tradition und Wirtschaft Weihnachtsgeschäft: Licht und Schatten im Solinger Einzelhandel

Solingen · Die Inflation schmälert den Umsatz, doch kurz vor dem Fest suchen noch viele Kunden Geschenke.

 Die Weihnachtsmärkte in den Solinger Stadtteilen waren gut besucht – davon konnte auch der Einzelhandel profitieren.

Die Weihnachtsmärkte in den Solinger Stadtteilen waren gut besucht – davon konnte auch der Einzelhandel profitieren.

Foto: Christian Beier

„Wir hatten große Befürchtungen“, sagt Ralf Kohns mit Blick auf die wirtschaftlich angespannte Lage. Doch bislang bewege sich das Weihnachtsgeschäft auf dem Niveau des Vorjahres. „Mittelmäßig zufrieden“ sei er, erklärt der Inhaber von Expert Schultes, der Vorstandsmitglied des Werbe- und Interessenrings Solinger Innenstadt ist. Das spiegelt die Gemütslage vieler Branchenkollegen wider. „Bewertungen zwischen Zufriedenheit und Enttäuschung wechselten sich im wöchentlichen Rhythmus ab“, fasst der Handelsverband Nordrhein-Westfalen zusammen.

Gestiegene Energiekosten und Inflation schmälern den Umsatz

Vielerorts hätten sich Weihnachtsmärkte und festlich geschmückte Geschäfte positiv auf die Frequenz in den Stadtzentren ausgewirkt. Die Besucherzahlen seien wenige Tage vor Heiligabend auch im Solinger Hofgarten gut, betont Center-Manager Ralf Lindl. Er vermutet jedoch, dass die Umsätze wegen Energiekrise und Inflation hinter denen der Vor-Corona-Zeit zurückbleiben dürften – bei gestiegenen Kosten. Das deckt sich mit Ralf Kohns Beobachtung: „Wir liegen deutlich unter 2019.“ Er stellt fest, dass die Kunden preisbewusster als in den Vorjahren einkaufen – sie nutzen Angebote, verhandeln, vergleichen mit den Marktpreisen. Eine weitere Veränderung ist dem Elektrofachhändler aufgefallen: Die Konsumenten gehen gezielter vor. Am Samstag durch die Geschäfte zu bummeln, Inspiration und Beratung zu suchen, nehme ab. Stattdessen betreten sie das Geschäft mit sehr klaren Vorstellungen, haben das Produkt häufig bereits vorab reserviert oder im Internet bestellt, um es nur noch im Markt abholen zu müssen.

Im Endspurt vor dem Fest holen nun viele Kunden bestellte Ware ab, sind auf der Suche nach Last-Minute-Geschenken. Das spürt auch Rainer Francke. „Im Moment haben wir viel zu tun“, berichtet der Vorsitzende des Walder Werberings. Die Nachfrage in seiner Buchhandlung Bücherwald liege zwar leicht unter dem Ergebnis von 2019, die Stimmung sei jedoch wesentlich besser als in den beiden Vorjahren.

Beliebt sei das vom Walder Bürgerverein herausgegebene Buch „Wir in Wald“ mit Erinnerungen und Geschichten rund um den Stadtteil. Hinzu kommen aktuelle Bestseller und Empfehlungen des Bücherwald-Teams. Das Team hat für das Weihnachtsgeschäft ein Prospekt mit den Lieblingsbüchern der Mitarbeiter herausgegeben. „Es muss der Anspruch des Fachhandels sein, persönliche Empfehlungen zu geben“, ist Francke überzeugt. In Brigitte Kiekenaps Buchhandlung an der Düsseldorfer Straße sind „Eine Frage der Chemie“ von Bonnie Garmus und „Mimik“ von Sebastian Fitzek die Kassenschlager. Grundsätzlich zeigt sich die Vorsitzende der Ohligser Werbe- und Interessengemeinschaft mit dem Weihnachtsgeschäft „verhalten zufrieden angesichts der schwierigen Gesamtumstände“.

Von einigen Ohligser Kollegen habe sie die Rückmeldung erhalten, dass die Adventszeit bislang eher ruhig verlaufe, insbesondere Textilgeschäfte hätten einen schweren Stand. Für ein Fazit ist es Brigitte Kiekenap allerdings noch zu früh. Diese Einschätzung teilt Rainer Francke: „Die Spitzentage kommen noch. Viele Kundinnen und Kunden haben erst kurz vor Weihnachten frei.“ Auch Ralf Lindl geht davon aus, dass Heiligabend noch bis mittags die letzten Geschenke über die Ladentheke gehen – und nur wenige Stunden später unter dem Weihnachtsbaum liegen. Frank Decker ist froh, dass der Weihnachtsmarkt auf dem Mühlenplatz heute endet. Kräftezehrend seien die Wochen seit der Eröffnung Mitte November gewesen. Doch das Fazit des Schaustellers fällt positiv aus: kalte, größtenteils trockene Witterung – perfektes Glühwein-Wetter. Wohl aufgrund der weitestgehend stabilen Preise sei kaum Konsumzurückhaltung spürbar gewesen. „Das war endlich noch mal ein Weihnachtsmarkt wie vor der Pandemie“, sagt Frank Decker. Das bestätigt auch Anke Peters. Durchaus sei Corona allerdings noch ein Thema gewesen. Peters hat mit ihrer Agentur Open Mind Management Service den „Romantischen Weihnachtsmarkt“ auf Schloss Grünewald organisiert. Insbesondere an den ersten beiden Wochenenden kam es zu mehreren krankheitsbedingten Ausfällen bei den Standbetreibern, andere meldeten sich gar nicht erst an. Nichtsdestotrotz zeigt sie sich wie die meisten Aussteller zufrieden mit der Resonanz: „Hier und da war zu spüren, dass die Kaufkraft etwas schwächelt, dennoch war es wirtschaftlich.“ Dass der Markt erstmals an allen vier Adventswochenenden stattfand, habe sich bewährt. Auch die Veranstalter des Weihnachtsdorfes der guten Taten auf dem Fronhof, der Märkte im Walder Rundling und Bethanien-Park konnten mit dem Besucherzuspruch zufrieden sein. Gleiches gilt für die Ohligser Werbe- und Interessengemeinschaft (OWG). Nach organisatorischen Schwierigkeiten fand der Weihnachtsdürpel am 3. und 4. Dezember in ungewohnter Form in der Fußgängerzone statt. „Die Resonanz war unglaublich, gerade am Sonntag war es proppenvoll“, sagt OWG-Vorsitzende Brigitte Kiekenap. Das ermutige für die Ausgabe im kommenden Jahr.