Am neuen Apothekendienst scheiden sich die Geister
Nachts zur Apotheke nach Witten oder Hagen zu fahren, das finden vor allem Senioren nicht gut.
Sprockhövel. Ungläubig schaut der Rentner auf die Notdiensttafel im Schaufenster einer Apotheke in Haßlinghausen. „Wie soll ich da bloß hinkommen“, fragt sich der Passant, „ich fahre nicht mehr Auto. Wenn ich nachts ein Medikament brauche, wie komme ich dann bloß nach Witten, Hattingen oder Hagen?“
Anfang des Jahres sind die Gebietskreise geändert worden. Auf den Notdiensttafeln an den Sprockhöveler Apotheken sind die Apotheken aufgeführt, die Notdienst haben. Darunter sind auch Dienststellen in Bochum, Witten, Hagen und Hattingen.
Das neue System sollte den Kunden eigentlich lange Wege ersparen. Denn, je nachdem, wo der Patient in Sprockhövel wohnt, kann eine Apotheke in Hattingen schneller zu erreichen sein, als eine Apotheke in Ennepetal.
Seit 25 Jahren ist der Nacht- und Apothekendienst in NRW geregelt. Die Apotheken im Stadtgebiet und der Umgebung wechseln sich bei der Bereitschaft ab. Mehrere Apotheken gibt es in Sprockhövel. Doch in den Notdienstplänen tauchen sie nicht mehr so häufig auf. „So oft wird der Notdienst nicht in Anspruch genommen“, sagt Sebastian Sokolowski von der Apothekenkammer Ennepetal.
Im Durchschnitt nähme jeder Bürger einmal in 20 Jahren den Notdienst in Anspruch. Zumeist seien es junge Familien, die den Notdienst aufsuchen. Kinder haben eher Fieber als ältere Menschen. „Junge Familien sind beim Notdienst häufiger anzutreffen als Senioren“, so Sokolowski.
Der neue Notdienst habe sich bewährt. Die Bürger hätten sich aber schon an die Neuerungen gewöhnen müssen.
Die Apothekenkammer hatte im Vorfeld auch Formulare ausgelegt, um zu ermitteln, wie die Notdienste in Anspruch genommen werden. Ältere Leute kommen nicht so häufig in eine Notdienst-Apotheke wie die Jüngeren, die mobiler sind. Genau das ist das Problem der Älteren.
„Wie soll ich bloß nach Hattingen mitten in der Nacht kommen?“, fragt sich der Rentner. Barbara S., die in einer Apotheke arbeitet, nimmt kein Blatt vor den Mund. „Für die Älteren ist die neue Regelung schwierig. Wem es schon nicht gut geht, der weiß nicht, wie er nachts die Notdienst-Apotheken erreichen kann.“
Und eine Mitarbeiterin in einer Apotheke bemängelt auch, dass die Wege für die Patienten länger geworden sind. „Ich habe oft vor den Plänen der diensthabenden Apotheken gestanden und mich gefragt, wie ein älterer Mensch wohl mit dem Bus mitten in der Nacht nach Hagen kommen will.“
Doch auch ,als der alte Apotheken-Notdienstplan gültig war, gab es Beschwerden. „Die Apotheke, die in Notfällen gegenüber Dienst hat, die gibt es nicht“, so die Fachfrau. Wer nette Nachbarn mit Auto hat, kann plötzlich auftretenden Beschwerden gelassener in Auge sehen. Die freundlichen Nachbarn helfen gern, hat der Rentner festgestellt.