Reanimation Das Leben neu geschenkt
Heiner Lantermann überlebte zwei Stunden Herzstillstand dank kontinuierlicher Herzmassage.
Sprockhövel. „Sie wissen gar nicht, was für ein Himmelsgeschenk das Leben ist.“ Heiner Lantermann (62) weiß es: Er hatte einen Herzstillstand, wurde mehr als zwei Stunden lang reanimiert - und überlebte. Für den Kardiologen Professor Nicolaus Reifart ist das ein „medizinisches Wunder“. Und Aufforderung an alle, bei einem Herzstillstand mit der Herzmassage nicht nachzulassen.
Es passierte beim Golfspielen. Im Felderbachtal ging der vielbeschäftigte Vertriebsingenieur seinem Hobby nach. Und ausgerechnet bei der Entspannung versagte sein Herz: Ein Herzinfarkt ließ ihn zusammenbrechen. Eine Mitspielerin telefonierte Hilfe herbei, mit einem Clubcar wurde er ins Clubhaus gefahren, der Notarzt gerufen.
Auf der Fahrt ins Krankenhaus blieb sein Herz stehen, der Krankenwagen hielt auf dem Standstreifen der A46. „Über eine Dreiviertelstunde lang haben sie mich da wiederbelebt“, berichtet Heiner Lantermann.
Als sein Herz mit Unterbrechungen wieder schlug, fuhr man ihn ins Wuppertaler Petrus-Krankenhaus. Dort ging die Reanimation weiter, er wurde per Schlauch beatmet und ein spezielles Reanimationsgerät wurde eingesetzt: Er war auf einem Brett festgeschnallt, ein Gurt zog seinen Brustkorb rhythmisch zusammen. Prof. Nicolaus Reifart, Chef-Kardiologe im Petrus-Krankenhaus, erklärt: „So konnte das Herz eine weitere Stunde, ohne körperliche Schwerarbeit durch Ärzte und Pfleger, mechanisch zum Pumpen veranlasst werden.“
Als das Herz wieder allein schlug, konnten die Ärzte mit einem Katheter die verschlossenen Herzgefäße öffnen und Stents einsetzen. Dann stabilisierte sich der Zustand Heiner Lantermanns, er kam auf die Intensivstation.
Prof. Reifart erläutert, dass man normalerweise nach 30 bis 45 Minuten Wiederbelebung davon ausgeht, dass eine endgültige Rettung ohne schwere Hirnschädigung undenkbar ist. „Hier haben sich unsere Kardiologen gegen schulmedizinisches Wissen entschieden, weiter zu animieren“, weil der Patient ohne Unterbrechung eine fachgerechte Herzdruckmassage und dann auch Beatmung bekommen hatte.
Heiner Lantermann hat an all das keine Erinnerung. „Mir fehlen 14 Tage“, sagt er. Ganz langsam sei er wieder wach geworden. Und ebenso langsam musste er das Leben wieder lernen, denn sein Gedächtnis hat gelitten: „Kennen Sie den Film ,Honig im Kopf’?“ Wie der alte Mann mit Alzheimer darin habe er auch sehr viel vergessen, vergesse immer noch viel.
Es folgten Reha und die Neuordnung seines Lebens. An Arbeiten ist nicht zu denken. „Ich kann morgens dankbar aufstehen und sehen, was der Tag bringt.“ Seine Söhne rufen ihn regelmäßig an, damit er an alles denkt. Den Führerschein hat er zur Sicherheit noch einmal gemacht. „Aber hätte ich kein Navi, würde ich nicht nach Hause finden.“ Alles schreibt er sich auf, abends lässt er den Tag anhand der Notizen Revue passieren: „Dann ist es auf der Festplatte, dann erinnere ich mich.“
Er macht eine Gesprächstherapie, Konzentrationsübungen, wünscht sich einen Coach, der ihm hilft, seinen Alltag zu managen. Die Ärzte sagen ihm, dass er alles wieder lernen kann, seine Prognose sei sehr gut, sein Umfeld bescheinigt ihm Fortschritte. Er selbst übt sich in Geduld: „Man muss es lernen, step by step.“ Das fällt ihm, der früher stets mehrere Dinge gleichzeitig tat, sehr schwer.
Er ist dankbar für all die Unterstützung, die er bekommt. Nur eine Kritik hat er: Seine Angehörigen bekommen keine Hilfe. Auch sie müssen den Schock verarbeiten, doch für sie ist kein Angebot vorgesehen.
Halt findet Lantermann auch in der Religion: „Ich war immer ein gläubiger Mensch. Aber tief und ernst ist es erst jetzt. Ich habe gemerkt: Wir sind in Gottes Hand.“ Das Leben sei ihm noch einmal geschenkt worden. „Mit großen Einschränkungen, aber ich bin fröhlich.“ Er freut sich an seinen zwei Enkelinnen und träumt davon, wieder Golf zu spielen.