Nahverkehrsprojekt Viele unbekannte Faktoren - Verzögerungen im RRX-Zeitplan möglich

Ende dieses Jahres beginnt der Vorlaufbetrieb. Aber wann das gigantische Nahverkehrsprojekt RRX abgeschlossen ist, steht derzeit noch in den Sternen.

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Düsseldorf. Ginge es nach Werner Lübberink, NRW-Konzernbevollmächtigter der Deutschen Bahn (DB), würde der neue Bundesverkehrsminister aus Nordrhein-Westfalen kommen. Konkreter formulierte der Bahn-Manager seinen Wunsch im Verkehrsausschuss des Landtags nicht, doch wer würde bei dieser Stellenbeschreibung nicht als Erstes an den heutigen SPD-Landesvorsitzenden und früheren NRW-Verkehrsminister Michael Groschek denken?

Aber nach Werner Lübberink geht es nicht, zumindest nicht in dieser Angelegenheit. Dafür stand er zusammen mit Roland Lünser und Dirk Ballerstein, Geschäftsführer der künftigen privaten RRX-Betreiber Abellio Rail und National Express, den Abgeordneten Rede und Antwort zum größten NRW-Verkehrsprojekt der nächsten Jahrzehnte, dem Rhein-Ruhr-Express.

Und dort musste sich die Bahn erst einmal kräftige Kritik gefallen lassen. Während der DB-Projektleiter Bernd Köppel sagte, man sei in Düsseldorf-Angermund, wo es massiven Widerstand gegen die RRX-Ausbaupläne gibt, „seit langer Zeit intensiv mit den Menschen vor Ort im Gespräch“, warf Olaf Lehne (CDU), Abgeordneter aus dem Düsseldorfer Norden, der Bahn vor, die Bürger nicht mitgenommen und Details nur scheibchenweise bekanntgegeben zu haben. „Die Situation im Düsseldorfer Norden ist noch nicht endgültig ausgestanden.“ Aktuell geht die Diskussion um angemessenen Lärmschutz noch einmal durch die politischen Gremien, weil es einen neuen Vorschlag für eine dritte Lärmschutzwand gibt. Eine Lärmschutzempfehlung an den Bund wird der Düsseldorfer Stadtrat voraussichtlich im März abgeben — einen Monat später als geplant.

Eine Verzögerung, die im Verhältnis zum Gesamtzeitplan zu vernachlässigen ist, denn seriös mochte sich im Landtag keiner der Bahnexperten dazu äußern, wann das Mammutprojekt denn wirklich fertig ist. Auf der RRX-Internetseite ist das Zielnetz zwar für das Jahr 2030 skizziert. Aber Köppel räumte ein: „Wir wissen nicht, wer klagen wird und ob die Klage aufschiebende Wirkung hat und was beklagt wird.“ Das ist die juristische Unbekannte.

Dazu gibt es eine bauliche. Denn wie gebaut wird und wie viele Verkehrseinschränkungen über Jahre während des Baus zumutbar sind, darüber sind noch keine Entscheidungen gefallen. Klar ist: Je größer die Einschränkungen, desto schneller ist der Baufortschritt, aber desto heftiger fällt auch der Unmut der Nahverkehrskunden aus. „2023 wissen wir genau, was wir bauen müssen“, sagt Köppel.

Sicher ist bisher nur: Die ersten der insgesamt 82 von Siemens gebauten Fahrzeuge gehen ab dem Fahrplanwechsel im Dezember dieses Jahres in den Vorlaufbetrieb. Den Anfang macht Abellio Rail mit dem RE 11 zwischen Düsseldorf und Hamm. Ab dann steht auf der Strecke die doppelte Fahrgastkapazität zur Verfügung. Ein halbes Jahr später steigt National Express mit dem RE 5 von Koblenz nach Wesel ein.

Aber da steht noch eine weitere Unbekannte im Raum: Ingenieure, Lokführer, Zugpersonal — „Wenn wir mehr Kilometer auf die Schiene bringen, müssen wir auch mehr Personal haben“, warf Carsten Löcker ein, verkehrspolitischer Sprecher der SPD. Er sehe noch nicht, woher das kommen solle.

In der Tat: Der Bauboom auf Schiene und Straße, ausgelöst durch die Milliarden-Investitionen des neuen Bundesverkehrswegeplans bis 2030, führt auf allen Ebenen zu einem „sportlichen Wettbewerb“ (NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst, CDU) um die besten Fachkräfte. Was den Bahnbetrieb angeht, zählen die personalbedingten Zugausfälle schon jetzt zu den drängendsten Problemen. Der RRX mit seiner hohen Vertaktung wird sie nicht geringer machen.