Evangelische Kirche setzt auf Kooperation

Zum Reformationsjubiläum müssen die Gemeinden mit sinkenden Mitgliederzahlen umgehen.

Foto: Stefan Fries

Sprockhövel. Der Höhepunkt des Lutherjahres steht kurz bevor: Am 31. Oktober feiern Kirchen und staatliche Institutionen den Reformationstag — auch in Sprockhövel. Dann ist es genau 500 Jahre her, dass Martin Luther seine 95 Thesen mit Kritik an der katholischen Kirche an die Kirchentür in Wittenberg hängte — und damit Veränderungen auslöste, aus denen die evangelische Kirche hervorging. Das ganze Jahr über wird das Lutherjahr gefeiert.

Doch wie steht es um die Kirche 500 Jahre später? Vielerorts verliert sie Mitglieder, Sprockhövel ist da nicht ausgenommen, auch wenn die Entwicklung hier zum Teil positiver läuft als anderswo. Derzeit gehören Sprockhöveler evangelische Christen zu zwei Gemeinden, die über die Stadtgrenzen hinausreichen: Bredenscheid-Sprockhövel mit etwa 7400 Gemeindegliedern und Hasslinghausen-Herzkamp-Silschede mit rund 7800.

Die Zahl der Gemeindeglieder sinkt: In Hasslinghausen-Herzkamp-Silschede um gut 200 im Jahr, in Bredenscheid-Sprockhövel um gut 100, berichten die örtlichen Pfarrer.

Bredenscheid-Sprockhövel verliere mit 1,5 Prozent weniger Mitglieder als die Gemeinden der Region, die pro Jahr drei Prozent Rückgang verzeichnen, sagt Pfarrer Arne Stolorz „Auch bei den Prognosen steht Sprockhövel gut da“, ergänzt er. Der Rückgang habe mit der Alterung der Gesellschaft zu tun.

Warum seine Gemeinde besser da steht als andere, darüber kann er nur Mutmaßungen anstellen. „Die Kirche steht in Sprockhövel immer noch mitten im Dorf und sie ist im öffentlichen Leben präsent“, sagt er. Bei der Versorgung der Flüchtlinge habe man sich zum Beispiel sehr engagiert. Darüber hätten sich viele Bürger positiv geäußert.

Sein Kollege Michael Hayungs freut sich ebenfalls über eine gute Beziehung der Gemeinde zu den Bürgern. Doch er sagt auch kritisch: „Die Bedeutung der Kirche geht zurück.“ Über 1500 Gemeindeglieder habe seine Kirche in den vergangenen zehn Jahren verloren, schätzt er.

Der Rückgang an Kirchensteuereinnahmen wirke sich zwangsläufig auf die Struktur der Gemeinde aus. „Was die Bauten angeht, sind wir aktuell wieder beim Stand der 50er Jahre“, sagt er. Gebäude, die in den 60er und 70er Jahren gebaut wurden, müssten sie nun nach und nach wieder aufgeben — wie das Dietrich-Bonhoeffer-Haus in Hiddinghausen oder das Paul-Gerhard-Haus in Hobeuken. Immerhin konnten sie im Juni das neue Martin-Luther-Haus in Hasslinghausen eröffnen.

Schon seit Jahren muss gespart werden. Gemeinden wurden nach und nach zusammengelegt. Der Grund: Für eine Pfarrstelle setzt die Landeskirche 2750 Gemeindeglieder voraus. 2002 kam es zur Zusammenlegung der Gemeinden Hasslinghausen und Herzkamp, 2010 entstand die Großgemeinde Hasslinghausen-Herzkamp-Silschede. 2015 kam es dann auch zur Vereinigung der Gemeinden Bredenscheid und Sprockhövel, weil Bredenscheid nur noch 2000 Gemeindeglieder zählte.

Seitdem müssen Sprockhöveler Gemeindeglieder für viele Veranstaltungen nach Bredenscheid fahren. Mitglieder des Presbyteriums bieten dafür einen Fahrdienst an. Auch wenn die Kirche bisher Kündigungen von Mitarbeitern vermeiden konnte: Immer wieder werden Stellen nicht nachbesetzt: bei der Kirchenmusik, in der Verwaltung, bei Pfarrern.

Die Stelle von Pfarrer Uwe Renfordt werde zum Beispiel nicht nachbesetzt, wenn dieser in den Ruhestand gehe, sagt Michael Hayungs. Doch die Pfarrer gehen offensiv mit den neuen Strukturen um. „Durch die Fusionen können viele Angebote erhalten bleiben, die wir sonst nicht mehr anbieten könnten“, sagt Arne Stolorz. Nach anfänglicher Skepsis würden viele auch Vorteile der neuen Strukturen erkennen. „Der Zusammenhalt wird gestärkt“, beobachtet Stolorz.