Geschichtsverein: Der Alte ist der Neue
Geschichtsverein: Ludger Haverkamp hatte seinen Rücktritt schon vor drei Jahren geplant, doch er führt den Verein erneut an.
Sprockhövel. Eigentlich hatte Ludger Haverkamp seinen Rücktritt angekündigt. Nicht nur einmal, sondern immer wieder. Bereits bei seiner Wiederwahl vor drei Jahren hatte der Vorsitzende des Spröckhöveler Heimat- und Geschichtsvereins angekündigt, dass er nun wirklich seine letzte Amtszeit antreten werde. Auch bei den Jahreshauptversammlungen der vergangen beiden Jahre hatte er dieses Vorhaben bekräftigt. Jetzt wurde er wiedergewählt. Dabei ist es nicht so, als wolle er seinen Stuhl nicht räumen. Der 74-Jährige hält nicht krampfhaft an seinem Amt fest - allein die Alternative fehlt.
"Wir haben uns in den vergangenen drei Jahren Gedanken um einen Nachfolger gemacht, aber der Nachwuchs fehlt einfach", erklärt Ludger Haverkamp, der bereits seit der Gründung des Vereins 1976 den Vorsitz innehat. "Es hat ja keinen Sinn, wenn ein 74-Jähriger den Vorsitz an einen 72-Jährigen abgibt."
Nun, da er das Amt für weitere drei Jahre übernommen hat, fordert er, dass die anderen Vereinsmitglieder ihre Ansprüche überdenken: "Ich höre immer wieder das Argument, ich sei Historiker. Wenn wir das auch noch für einen neuen Kandidaten voraussetzen, werden wir nie jemanden finden."
Entsprechend den mangelnden Alternativen - aber auch aus Dankbarkeit für die gute Arbeit, die Haverkamp in 34 Jahren Amtszeit geleistet hat - fiel der Applaus nach seiner einstimmigen Wiederwahl aus: Die etwa 90der insgesamt 800 Mitglieder des Heimat- und Geschichtsvereins, die bei der Jahreshauptversammlung anwesend waren, feierten den 74-Jährigen stürmisch.
Auch der restliche Vorstand wurde im Amt einstimmig bestätigt. Bei so viel Einstimmigkeit konnte sich Ludger Haverkamp einen nicht ganz ernst gemeinten Kommentar nicht verkneifen: "Ich komme mir vor, wie beim SED-Parteitag."
Nach den Formalitäten der Jahreshauptversammlung wurde es persönlich: Als geschichtlichen Beitrag berichtete Wolfgang Janning über seine Jugend in der Kriegs- und Nachkriegszeit. Neben der Feststellung, dass es damals keine Kugelschreiber oder Kaffeemaschinen gegeben hat, erzählte der 1929 geborene Dortmunder viele Anekdoten. Wie die, die er als Teenager erlebt hat: Ebenfalls schon zum Militär eingezogen, traf er einen weinenden Zwölfjährigen in Wehrmachtsuniform. Dieser berichtete unter Tränen, dass die Amerikaner ihn geschnappt hätten und ihm das Gewehr abgenommen hätten. Für ein unmenschliches Regime, das schon Zwölfjährige in den Kampf schickt, wollte Janning nicht mehr kämpfen - er beging Fahnenflucht.