Mehr Fälle häuslicher Gewalt
Ehe- und Schwangeren-Beratung sowie Opferhilfe prägen den Alltag von Pro Familia.
EN-Kreis/Sprockhövel. Sprockhövel ist in seiner Sozialstruktur sicherlich vergleichsweise gut aufgestellt. Eine relativ niedrige Arbeitslosenquote und beim verfügbaren Einkommen ständig auf Platz zwei aller 53 Ruhrgebietsstädte, dazu eine eher ländliche Struktur könnten den Eindruck erzeugen, hier sei die Welt noch völlig in Ordnung. Dass hierzu eine differenziertere Betrachtung nötig ist, machte der Bericht der Leiterin Karin Thöne über die Arbeit der Organisation Pro Familia deutlich, den sie im Sozialausschuss vorstellte.
Die in Schwelm angesiedelte Beratungsstelle EN-Südkreis, zu der seit 2002 auch die Kinder- und Jugendschutzambulanz gegen sexuelle und häusliche Gewalt (Kizz) gehört, ist zuständig für den südlichen Ennepe-Ruhr-Kreis und zwar für die Städte Sprockhövel, Schwelm, Gevelsberg, Ennepetal und Breckerfeld. Für den gesamten Bezirk führte das Team im Jahr 2011 unter anderem 569 Schwangerenberatungen und 26 Eheberatungen durch. Ein spezielles Thema ist seit einiger Zeit die häusliche Gewalt, für die die Beratungsstelle seit 2009 ebenfalls Anlaufstelle ist. „Etwa jeden zweiten Tag hat ein Einsatz der Polizei mit häuslicher Gewalt zu tun“, berichtet Karin Thöne. Ein Teil der Fälle (siehe Kasten) landet dann als Beratungsfall bei Pro Familia. „Dabei fällt auf, dass auch schon Kinder Täter von häuslicher oder sexueller Gewalt sind”, macht Karin Thöne auf ein besonderes Problem aufmerksam.
Anhand eines Fallbeispiels erläuterte sie den Aufwand, der mit einem einzigen Fall verbunden sein kann. Ausgangspunkt war eine Verhaltensauffälligkeit bei einem zehnjährigen Mädchen, das bei den Großeltern aufwuchs. Nachforschungen ließen den Verdacht auf einen sexuellen Missbrauch durch den Großvater entstehen. Allein für Diagnostik, Beratung und Vernetzung der Hilfsangebote bis zur Unterbringung des Kindes in einer Pflegefamilie waren innerhalb eines halben Jahres durch zwei Mitarbeiterinnen 54 teilweise mehrstündige Termine zu absolvieren.
„Wir sind zurzeit völlig ausgelastet. Für die Bearbeitung von mehr Fällen haben wir keine Kapazitäten”, sagt Karin Thöne. Dennoch beobachtet sie auch die Entwicklung in Sprockhövel sehr genau. Derzeit wird überlegt, auch hier eine Außensprechstunde der Schwelmer Zentrale einzurichten — zusätzlich zu den wegen der erforderlichen Vertraulichkeit etwas im „Geheimen” vorhandenen Gesprächsangeboten, die es bereits in Schulen gibt.
“ Die Pro Familia Beratungsstelle EN-Südkreis ist an der Wilhelmstraße 45 in Schwelm untergebracht. Erreichbar ist sie unter Ruf 0 23 36 / 44 36 40 oder per E-Mail: en-suedkreis@profamilia.de