„Poppi, mach Du mal“
Bis vor drei Jahren kickte Alexandra Popp bei den Nachbarn vom FCSilschede. Jetzt ist sie Star der deutschen U20-Damen und kann am Sonntag Weltmeister werden.
Silschede/Sprockhövel/Bochum. Während 18 000 Zuschauer in der Bochumer Fußball-Arena frenetisch jubelten, ihre Teamkameradinnen noch die Ehrenrunde liefen, führte der erste Weg von Alexandra Popp direkt zur Tribünenseite, wo ihre Eltern und der Silscheder Block sie feierten. Ganz klar - die 19-Jährige, die am Donnerstag gerade im Halbfinale der U20-Weltmeisterschaft zwei Tore zum 5:1-Sieg gegen Südkorea beigesteuert hatte und mit nun neun Treffern überlegen die Torschützenliste der Titelkämpfe anführt, steht weiter mit beiden Füßen fest auf dem Boden.
Sie hat nicht vergessen, wo sie herkommt, obwohl ihr derzeit die deutsche Frauenfußball-Welt zu Füßen zu liegen scheint und sie ein ganz wichtiger Mosaikstein in der Mannschaft von Trainerin Maren Meinert ist, die am Sonntag im Endspiel gegen Nigeria großer Titelfavorit ist.
"Poppi, mach Du mal", hieß es schon früher in der Mädchenmannschaft des FC Silschede, wie ihre damalige Mitspielerin Kim Leonie Büddecker berichtet. Sie ist immer noch gut mit Alexandra befreundet und war am Donnerstag mit einer achtköpfigen Delegation des Gevelsberger Dorfvereins im Bochumer Stadion.
Der Spitzname "Poppi" hat sich bis heute gehalten, ebenso wie die Torgefährlichkeit der großen Blonden mit dem harten linken Schuss. "Tore hat sie schon bei uns am Fließband gemacht", erinnert sich Büddecker. Anfangs habe sie nur in den Jungenmannschaften gespielt und erst gar nicht zu den Mädchen wechseln wollen. Sie meinte, da könne sie sich nicht verbessern.
"Ja, das hat sich geändert", strahlte Alexandra am Donnerstag nach dem Spiel, auf diese Anekdote angesprochen, und erinnerte sich auch noch daran, dass die Spiele gegen Sprockhövel "immer eng waren". Nach ihrem Wechsel zum Verbandsligisten Recklinghausen vor drei Jahren, dem schon ein Jahr später der zu Bundesligist FCR Duisburg folgte, hat sie einen kometenhaften Aufstieg genommen. Im Starensemble des FCR spielt sie allerdings Abwehr.
"Sie hat einen riesigen Sprung nach vorne gemacht", bestätigte auch Ex-Bundestrainerin Tina Theune, die den deutschen Nachwuchs aufmerksam beobachtet, und zu Alexandra eine Menge sagen kann: "Guter Linksfuß, kann aber auch mit rechts schießen, starkes Kopfballspiel, Allrounderin, sie drückt dem Turnier ihren Stempel auf", zählt die Mutter des ersten deutschen Damen-WM-Titels blitzschnell die Vorzüge von "Küken Poppi" auf.
Ex-Bundestrainerin Tina Theune über Alexandra Popp
"Sie ist außerdem privat ein guter Typ, locker, ehrgeizig, beides", weiß Theune auch.
All diese Stärken beweist Alexandra Popp auch bei der Weltmeisterschaft und dazu viel Biss. Denn bereits nach einer Viertelstunde hatte sie am Donnerstag Probleme mit der Ferse, hielt aber bis zu ihrer Auswechslung in der 75.Minute, als sie begleitet von Standing Ovations der 18000 das Feld verließ, tapfer durch.
"Ich habe halt ein Kämpferherz", meinte sie verschmitzt - und ist auch beim Feiern ganz vorne dabei. Jedes ihrer Tore bejubelt sie mit dem von Marcell Jansen abgeschauten Skorpion (die Arme stoßweise zur Seite gestreckt). "Nach dem wichtigen 1:0, das sie mit vorbereitet hatte, war sie als eine der ersten zur deutschen Bank gestürmt und hatte da mit ihren Mitspielerrinnen ein Freudentänzchen vollführt. "Die Choreografie stammt aus einem Wii-Spiel", verriet sie anschließend.
Was ist da erst am Sonntag zu erwarten, sollte die Deutsche Mannschaft Weltmeister werden und Alexandra Popp den goldenen Schuh der besten WM-Torschützin erobern? "Klar wollen wir jetzt den Titel, aber wir müssen Respekt vor jedem Gegner zeigen", sagt sie professionell und bescheiden. Wer dann die Tore mache, sei egal. "Aber natürlich, wäre es toll, wenn das mit dem goldenen Schuh klappt." Eine WM-Torschützenkönigin aus Gevelsberg-Silschede, das würde sich doch gut anhören . . .