Rat Sprockhövel - Rat stellt sich bei Personalkosten quer

Sprockhövel · Die Politiker verweigerten einen Entschluss. Bürgermeister Winkelmann will das beanstanden.

Bürgermeister Ulli Winkelmann will den Ratsbeschluss beanstanden. Archivfoto: Stefan Fries

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„Beim nächsten mal möchte ich aber Schnittchen haben“, sagte Marion Fritz gegen 22 Uhr bei dem Sprockhöveler Ratssitzungs-Marathon. Dabei ahnte die SPD-Dame wohl noch nicht, dass die in den Räumen der Grundschule Börgersbruch stattfindende Versammlung noch bis weit nach Mitternacht dauern würde. Alleine der öffentliche Teil endete erst um 23.25 Uhr.

Der Hauptteil der Diskussionen drehte sich um die von dem Kämmerer verhängte Haushaltssperre. Rund zweieinhalb Stunden lief der Schlagabtausch, der, wie schon im Haupt- und Finanzausschuss (HFA) in der vergangenen Woche, von gegenseitigen Vorwürfen und Beschuldigungen geprägt war.

Bürgermeister „Ulli“ Winkelmann betonte bei den an ihn gerichteten Anschuldigungen, dass er sich auf seine Spitzenbeamtin verlassen habe. Die für Personal zuständige Fachbereichsleiterin Angeli Bülow nahm an der Ratssitzung nicht teil. Dabei hatte sie doch schon vor dem HFA der WZ gegenüber bestätigt, dass sie die Fragen, die im Raum stehen, gut beantworten könne. Bei Nachfragen unserer Zeitung berief sich Winkelmann auf die nicht öffentliche Sitzung und verweigerte jegliche Aussagen zur Personalie Bülow. Offensichtlich scheint sie aber nicht im Dienst zu sein. Unklar sind Art und Weise einer gemutmaßten Trennung.

 „Die beschmeißen sich doch alle nur gegenseitig mit Dreck. Über die Sache wird kaum geredet“, sagte ein älterer Herr, der die Sitzung gegen 19.30 Uhr entnervt verließ. Damit verpasste der interessierte Bürger allerdings die Erläuterungen von Uwe Kellner. Dieser ist als Leiter einer Kommission mit der Aufklärung des Falls beauftragt worden und versucht, die im Raum stehenden Unregelmäßigkeiten - es geht um ein 690.000 Euro großes Loch in Sprockhövels Haushalt - zu prüfen und zu erklären.

„Man muss nach den ersten Prüfungen feststellen, dass die Summe nicht, wie anfangs angenommen, nur mit den legitimierten Personalaufstockungen und Einstellungen zu tun hat“, berichtete Kellner. 370 000 Euro seien durch Fehlkalkulationen bei den Pensionsrückstellungen entstanden, erklärte der Verwaltungsbeamte. Diese hätten sich dadurch ergeben, dass sie teilweise vom Vorjahr ins aktuelle Jahr mit hineingerutscht seien. Kämmerer Volker Hoven stellte auch hier fest, dass die Zahlen von der Fachabteilung übernommen - aber nicht überprüft worden seien.

Bezirksregierung Arnsberg könnte sich einschalten

Der Vorschlag der Verwaltung, dass der Rat der überplanmäßigen Zahlung zustimmen solle, wurde von den Bürgervertretern abgelehnt. Dabei bestand die CDU darauf, dass die Abstimmung per Namensnennung geschehen solle. Ausführlich hatten Kämmerer und Erster Beigeordneter Hoven die Folgen einer Ablehnung erklärt. Diese ziehe eine Beanstandung der Verwaltungsspitze nach sich, die wiederum eine neue Dringlichkeitssitzung des Rates zur Folge habe und bei einer erneuten Ablehnung dazu führen könne, dass die Bezirksregierung Arnsberg sich einschalte. FDP-Chef Bodo Middeldorf wähnte durch diese Erläuterungen gar die Souveränität des Stadtrates in Gefahr.

Bereits Freitagmorgen hat die Verwaltung reagiert und die Beanstandung der Entscheidung durch Bürgermeister Winkelmann vorbereitet. Nach Angaben vieler Beteiligter sei auch das ein Novum in der Sprockhöveler Geschichte. Schon jetzt steht fest: Am 9. Oktober wird es eine Dringlichkeitssitzung des Rates geben.

Auch der Umgang mit der Zukunftskommission und des eventuell einzustellenden Managers sorgte für Diskussionen. Nicht wenige im Rat hätten lieber die Kommission neu aufgestellt und die Stelle zumindest vorerst nicht besetzt. „Ich kann das den Menschen auf der Straße nicht mehr erklären, dass wir Stellen abbauen wollen und auf der anderen Seite einen teuren Manager einstellen“, beschrieb Holger Kräfting (MiS / Piraten) seine gefühlsmäßige Zwickmühle.

Doch wie bei vielen Entscheidungen setzte sich die neue Kooperation aus SPD, FDP und WfS durch und lehnte den durch die Grünen eingebrachten Antrag ab. Überhaupt musste man feststellen, dass die drei Fraktionen ihre Muskeln spielen ließen und eher an eine Koalition erinnerten als an Kooperationspartner. Sicherlich auch ein Signal für die politischen Entscheidungen der kommenden Wochen und Monate.