Amokfahrt Spurensuche in Münster geht weiter

Münster danach. Während sich die Stadt vom Schock der tödlichen Amokfahrt zu erholen versucht, wollen die Ermittler Spuren auswerten, die der Täter vor seinem blutigen Abschied hinterlassen hat. Es geht vor allem um eine Art Lebensbeichte, die er geschrieben haben soll.

Münster: Menschen legen am Tatort Kerzen ab.

Foto: Ina Fassbender

Münster. Nach der Amokfahrt mit insgesamt drei Toten in Münster wollen die Ermittler eine Art Bewegungsprofil des 48-jährigen Todesfahrers erstellen. „Wir konzentrieren uns jetzt mit unseren Untersuchungen insbesondere darauf, ein möglichst umfassendes Bild über das Verhalten des Täters in den Vorwochen zu erhalten“, sagte der Polizeipräsident von Münster, Hajo Kuhlisch. So wollten die Ermittler dessen Motivation für die blutige Tat verstehen.

Am Sonntag war bekannt geworden, dass der gebürtige Sauerländer wegen psychischer Probleme Kontakt zum Gesundheitsamt in Münster hatte und suizidale Gedanken formuliert hatte. Bei dem blutigen Zwischenfall vor einem Lokal in der belebten Innenstadt wurden am Samstag rund 20 Menschen verletzt. Drei von ihnen schwebten am späten Sonntagabend noch in Lebensgefahr.

Trauer in Münster nach Auto-Attacke mit Toten und Verletzten
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Trauer in Münster nach Auto-Attacke mit Toten und Verletzten

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Mit den Betroffenen und den Verletzten will die nordrhein-westfälische Opferschutzbeauftragte Elisabeth Auchter-Mainz am Montag in Münster zusammenkommen. Über ihren Sprecher rief sie dazu auf, die unschuldigen Betroffenen einer Tat wie in Münster nicht zu vergessen. „Nach einer tragischen und blutigen Tat wie dieser ist es wichtig, den Opfern die Hilfe anzubieten, die sie benötigen, kurzfristig und auch auf lange Sicht“, sagte der Sprecher des zuständigen NRW-Justizministeriums, Peter Marchlewski, der dpa. „Opfer sind unschuldig. Und sie geraten auch in der Diskussion über eine solche Tat zu schnell in Vergessenheit.“

Auchter-Mainz werde die Gespräche in Münster im Vertrauen und nicht öffentlich führen, betonte ihr Sprecher weiter. „Wir wollen zeigen, dass das Land und die Landesregierung für die Opfer da sind, wenn die Kameras weg sind.“

Nach Angaben der Polizei gibt es weiterhin keine Hinweise auf ein politisches Motiv für die Amokfahrt oder auf weitere Täter. Der Täter, ein Industriedesigner, sei bereits mit Suizid-Gedanken aufgefallen. Ende März habe er eine Mail an mehrere Bekannte geschrieben, teilte die Polizei mit. „Aus dem Inhalt ergaben sich vage Hinweise auf suizidale Gedanken, aber keinerlei Anhaltspunkte für die Gefährdung anderer Personen.“ Nach Medienangaben hatte der Mann in der Mail und auch in einem langen Schreiben, das in seiner weiteren Wohnung im sächsischen Pirna gefunden wurde, über Schuldkomplexe, Zusammenbrüche und Ärztepfusch geklagt.

Der Polizeipräsident von Münster, Hajo Kuhlisch, sagte, die Ermittler gingen daher davon aus, „dass die Motive und Ursachen in dem Täter selber liegen“. Nach dpa-Informationen stammt der Mann aus dem sauerländischen Olsberg, er wuchs in Brilon auf und lebte seit längerer Zeit in Münster.

Nach Ansicht des Kriminologen Christian Pfeiffer zeigt der Täter von Münster alle Merkmale eines Amokläufers. Der Mann sei offenkundig „ein einsamer Wolf ohne soziale Bindung und sozialen Erfolg“, sagte Pfeiffer der „Nordwest-Zeitung“ (Montag) in Oldenburg. Aus so einer Ohnmachtserfahrung könne sich der Wunsch nach Macht entwickeln. „Der Amokläufer möchte Herr über Leben und Tod anderer Menschen sein, möchte die Panik in ihren Augen sehen, wenn er sie mit tödlicher Wucht angreift“, sagte Pfeiffer. „Das soll ihn entschädigen für all die Niederlagen und Demütigungen, für die er andere verantwortlich macht.“

Nach den Bildern aus Münster suchen auch die Einwohner der Stadt weiter nach Erklärungen. „Die Menschen haben jetzt gemerkt, dass es auch für sie ein Restrisiko gibt. Nicht nur Berlin oder München - nein, es kann auch uns in Münster treffen, das haben die Menschen jetzt begriffen“, sagt der Münsteraner Psychologe Steffen Fliegel.

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) forderte Kommunen auf, selbst vor Ort zu prüfen, wie ihre Innenstädte gesichert werden könnten. „Absolute Sicherheit gibt es einfach nicht“, sage Reul der in Heidelberg erscheinenden „Rhein-Neckar-Zeitung“ (Montag). „Wir können nicht jede Gewalttat verhindern, müssen aber wachsam sein.“