Ehrung Staatspreis NRW an Roncalli-Gründer Bernhard Paul verliehen

Köln · Ministerpräsident Armin Laschet zeichnete den Zirkus-Chef im Kölner Gürzenich aus, Christina Rau hielt die Laudatio.

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (li.) übereicht Bernhard Paul (M.) die Urkunde. Christina Rau hielt die Laudatio.

Foto: tüc/Ulli Tückmantel

Begleitet von Musik der „Höhner“, Akrobatik der eigenen Tochter Lili sowie Christoph Müller als Harlekin „Kristalleon“ hat Bernhard Paul (71) am Dienstagabend den Staatspreis NRW verliehen bekommen. Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) ehrte den österreichischen Gründer und Direktor des „Circus Roncalli“ für den Erhalt und die Wiederbelebung von Zirkus und Varietétheater.

Paul sei ein Meister der Kultur und der Unterhaltung, sagte Laschet in Köln: „Kultur ist keine Monokultur, auch keine Mono-Hochkultur.“ Zu Recht genieße Bernhard Paul weltweit Anerkennung für seine Ideen und seine Leistung: „Bernhard Paul hat es geschafft. Er ist Zirkusdirektor geworden und erfolgreicher Unternehmer – ohne dass das eine im Widerspruch zum anderen steht. Paul versteht es wie wenige andere, Menschen aus der gesamten Gesellschaft, jeden Alters, jeder Herkunft, zusammenzubringen und sie in eine andere, magische Welt zu entführen.“ Entsprechend reichte die Bandbreite der Gäste von Günter Lamprecht bis Karl Dall.

Christina Rau, Bernhard Paul und Ehefrau Eliana Larible-Paul.

Foto: ja/Ulli Tückmantel

Paul: „Zirkus gehört in Deutschland nicht mehr zur Kultur“

Paul habe in der Landeshauptstadt die alte Tradition des Apollo-Varietés von der Königsallee unter der Oberkasseler Rheinbrücke gegen viele Widerstände neu belebt, sagte Laschet. Johannes Rau habe die Baugenehmigung selbst überreicht, weshalb es passend sei, dass Christina Rau die Laudatio auf den Preisträger halte. Die Witwe des vormaligen Ministerpräsidenten und Bundespräsidenten ist wie ihr verstorbener Gatte dem Preisträger freundschaftlich verbunden und lobte den Roncalli-Erfinder als Mann vieler Talente: „Er ist Zirkus-Gründer und Zirkus-Direktor, er ist Clown und Talente-Entdecker, Gestalter der Programme und Inspirator, erfolgreicher Unternehmer und ein großer Sammler.“ Wie kein anderer stehe Bernhard Paul für einen Zirkus auf der Höhe der Zeit, mit weniger als dem Unmöglichen gebe er sich nicht zufrieden.

Das Lob des Ministerpräsidenten steht nach den Worten von Bernhard Paul jedoch im Kontrast zu Wirklichkeit behördlicher Behandlung: „In allen europäischen Ländern wird der Zirkus gefördert. In Deutschland gehört er seit Goebbels und dem Dritten Reich nicht mehr zur Kultur, sondern wird als Gewerbe eingestuft. Zuständig ist für uns die Berufsgenossenschaft Gastronomie.“ Christina Rau erklärte, es sei Zeit, dass der Publikumserfolg einer Darbietung nicht länger als Ausweis ihrer künstlerischen Minderwertigkeit angesehen werde. Dieses Vorurteil müsse endlich abgelegt werden.

Christina Rau, die Witwe des vormaligen Ministerpräsidenten und Bundespräsidenten Johannes Rau, ist wie ihr verstorbener Gatte dem Preisträger freundschaftlich verbunden.

Foto: tüc/Ulli Tückmantel

Der Staatspreis ist die höchste Auszeichnung, die das Land NRW verleiht. Ins Leben gerufen wurde er 1986 zum 40. Gründungstag des Landes Nordrhein-Westfalen durch den damaligen Ministerpräsidenten Johannes Rau (1931-2006). Der Preis ist mit 25.000 Euro dotiert und soll Menschen würdigen, „die herausragende Leistungen erbracht haben und Nordrhein-Westfalen durch Werdegang und Wirken verbunden sind. Das können Leistungen aus der Kultur, der Wissenschaft oder zum Beispiel ein großes Engagement für die Menschenrechte sein. Das Wirken der Preisträger muss über eine regionale Bedeutung weit hinausgehen“.

Verbundenheit mit Rau

Roncalli-Gründer Bernhard Paul fühlte sich Rau besonders verbunden. Vor einigen Jahren erinnerte Paul in einem Gastbeitrag für eine Zeitschrift über Rau daran, wie Rau den Circus Roncalli 1986 als Kulturbotschafter für NRW in den ersten Tagen von Glasnost und Perestroika mit nach Moskau nahm. „Das war gewagt, schließlich galt der russische Staatszirkus weltweit als Olymp. Schon bei den Verhandlungen, an denen ich, direkt aus der Vorstellung kommend, als Clown teilnehmen musste, sah man das Misstrauen den Russen ins Gesicht geschrieben: Was wollen die mit diesem Seifenblasenzirkus? Rau aber sagte mir: ,Mach dir keine Sorgen, ihr könnt was, das die nicht können‘“, schrieb Paul.

V.l.: Eliana Larible-Paul, Bernhard Paul, Armin Laschet und Susanne Laschet beim Galadinner.

Foto: tüc/Ulli Tückmantel

Tatsächlich sei das Gastspiel ein Erfolg geworden und Großclown Oleg Popow habe gesagt: „Ihr habt etwas, das wir nicht haben: Ihr habt Gefühl.“ Auch Christina Rau erinnerte in ihrer Laudatio an den Ausflug nach Moskau. Das sei es gewesen, so Paul, „was Johannes Rau immer ausmachte, auch als Bundespräsident. Er konnte spüren, wie andere fühlten. Oft muss ich an ihn denken, zumal wenn ich die aktuelle Politik sehe. Mir fällt eines seiner liebsten Bibelzitate ein: ,Viele fühlen sich berufen, wenige sind auserwählt.‘“

Verleiher des Preises ist die Landesregierung. Bis zur Amtsübernahme durch Armin Laschet fanden die Preisverleihungen in der Regel in der Landeshauptstadt statt. Laschet verlegte die Preisverleihungen 2017 und 2018 in den Kölner Gürzenich. Für einen kleinen Eklat im Vorfeld sorgten Mandatsträgerinnen der Kölner Grünen, die sich über den in der Einladung angegebenen Dresscode „Dunkler Anzug / Kurzes Kleid“ beschwerten. Die Angabe „Kurzes Kleid“ ist bei offiziellen Anlässen die gebräuchliche Bezeichnung für Cocktail-Kleid (in Abgrenzung zum langen Abendkleid) und hat mit der Länge des Kleids nichts zu tun.