Das bietet das Festival Theater der Welt der jungen Generation "Was können wir jetzt tun?“

Düsseldorf · Gastbeitrag Wie wird und muss sich Theater für Jugendliche künftig wandeln? Welche Themen stellt uns die Gegenwart? Dies fragt der Leiter des Jungen Schauspiels und schaut im „Blick in die Zukunft“ aufs „Theater der Welt“-Festivalprogramm für Kinder und Jugendliche.

Eine Szene aus dem Stück „Die Geschichte von der Geschichte“ von Jetse Batelaan aus den Niederlanden.

Foto: Kurt van der Elst

Die Theater öffnen wieder, wir strömen an den Rhein und in die Cafés, der Sommer ist da, wider alle Erwartungen sind Düsseldorf und sein Schauspielhaus mit einem Jahr Verspätung glücklicher Gastgeber eines der bedeutendsten Welt-Theater-Festivals. Die Pandemie ist besiegt oder legt nur eine Pause ein. Wir atmen auf. Und gehen zur Tagesordnung über?

In der Pandemie haben wir gespürt, dass wir uns als Gesellschaft in einem Prozess der Transformation befinden. Mit Wucht drängen sich Fragen von Nachhaltigkeit und sozialer Gerechtigkeit, von Teilhabe und Mitspracherechten in unser Bewusstsein. Wir stehen an einem Wendepunkt. Global, lokal und – in a nutshell – in unserem Theater.

Einer der Sätze von Greta Thunberg, die sich in unser kollektives Bewusstsein eingebrannt haben: „Our house is on fire!“ – unsere Welt brennt! Eine junge Stimme erhebt sich und fragt uns Ältere: Was habt ihr in 50 Jahren aus der Welt gemacht? Was können wir jetzt tun?

Antworten geben 100 Jugendliche aus Karachi und Mumbai, Teheran und Haifa, Warschau und Moskau, São Paulo und Lissabon, Lagos und Düsseldorf. Beim Jugendkongress „Future (t)here“, den wir pandemiebedingt in den digitalen Begegnungsort „Gathertown“ und in zehn Metropolen dieser Welt verlegt haben. In nachdenklichen Runden; in künstlerischen Workshops. Wenn unser Haus brennt, müssen wir ein neues bauen! Wie sieht es aus? Wer darf hinein, welche Regeln gelten?

Erwarten wir keine ausgefeilten Konzepte: Wir haben selbst zu wenig davon. Aber hören wir zu, den jungen „Out of the box“-Ideen. Wir wissen mehr, als wir zu tun bereit sind, zum Beispiel dass wir Ressourcen besser teilen statt verbrauchen: Was ist Fairness, Gleichberechtigung? Wie lässt sie sich herstellen, im Kunstkontext, in einer krass ungleichen (Kunst-)Welt? Was kann und muss die privilegierte Seite, also wir, tun – und welche Inspirationen brauchen wir von Künstlern aus dem globalen Süden, um klüger und empathischer handeln und teilen zu lernen? Welche Stimmen fehlen auf der Bühne und in unseren Geschichten? Darüber denken Künstler aus aller Welt beim „Equity-Forum for International Cooperation“ im Jungen Schauspiel nach.

Sprechen wir miteinander, spielerisch, ernst und freundlich, bei einem „Bürgerdinner Open Air“ auf dem Gustaf-Gründgens-Platz mit dem Titel: „Rette (sich), wer kann – wo bleibt Solidarität?“ – in der Kunst, in unserer Nachbarschaft, und global? Internationale Experten geben Denkanstöße – und Zuschauer werden zu Akteuren und Diskutanten, bei einem coronagerechten Brunch.

Das Festival gibt Hinweise auf zukünftige Entwicklungen. Von Ohnmacht, Wut und von Aufbruch handeln Stücke des „jungen Spielplans“. Denn hier werden die Perspektiven von jungen Menschen in den Mittelpunkt gestellt: „Ist mein Mikro an?“ – auch das ein Zitat von Greta Thunberg – ist ein provokanter Text des jungen kanadischen Autors Jordan Tannahill, performt von Düsseldorfer Jugendlichen auf dem Gründgens-Platz. Die Europäische Erstaufführung „Das Gewicht der Ameisen“ des Autors David Paquet in einer kanadisch-deutschen Koproduktion zeigt, gespielt vom furiosen Ensemble des Jungen Schauspiels, jugendliches Engagement am Beispiel einer Schulprojektwoche – als bitterböse Komödie.

Junges Theater der Zukunft geht mit den Erwartungen der Zuschauer so unverschämt offen, humorvoll und surreal um wie das preisgekrönte Theater Artemis aus den Niederlanden in seiner „Geschichte von der Geschichte“ – ein Highlight des „jungen Theaters“ für alle Generationen von Jetse Batelaan, einem Regisseur, der es liebt, Regeln zu brechen und Zuschauer in herrlich ungewohnte Situationen zu bringen.

Unbedingt gesehen haben muss man „Andares“ (für Zuschauer ab zehn Jahren), eine sensationelle Arbeit von Hektor Flores Komatsu aus Mexiko, der liebevoll und mitreißend von drei jungen Männern im Kampf zwischen Tradition und Moderne, von der Befreiung von Vorurteilen und Grenzen erzählt.

Mein optimistischer Traum für ein zukünftiges junges Theater ist so simpel wie real: Das Junge Schauspiel zieht ins Zentrum der Stadt – ins Central am Hauptbahnhof. Da muss es hin. Weil Kinder und Jugendliche mehr denn je ins Zentrum der Aufmerksamkeit gehören. Und egal wie unsere Zukunft aussieht: Impulse für den Aufbruch in eine neue Zeit erleben wir mit zahllosen internationalen Gästen beim Festival „Theater der Welt“ vom 17. Juni bis 4. Juli. Herzliche Einladung!