U3-Betreuung im Kreis Viersen Trotz Ausbau zu wenige Kita-Plätze

Kreis Viersen. · Das Institut der Deutschen Wirtschaft schlägt Alarm: Trotz massiven Ausbaus sei die Betreuungslücke für Kinder unter drei Jahren in den vergangenen Jahren größer geworden. Für den Kreis Viersen gilt das aber nur bedingt.

Die Nachfrage nach Kita-Plätzen ist groß.

Foto: dpa/Monika Skolimowska

Als das erste Ultraschallfoto ihres Kindes da war, erzählte Simone Teifel* zunächst ihrem Freund die gute Nachricht. Danach setzte sich die 25-Jährige an den Computer, um ihr noch ungeborenes Kind bei „Kita Online“ anzumelden. Die Betreuungslücke für unter Dreijährige hat seit 2015 bundesweit zugenommen, hat das Institut der Deutschen Wirtschaft jetzt ausgerechnet – obwohl die Kommunen massiv in den U3-Ausbau investiert haben.

„Im laufenden Kindergartenjahr konnten nicht alle Anfragen von Eltern nach Betreuungsplätzen, speziell im U3-Bereich, bedient werden“, bestätigt Viersens zuständige Beigeordnete Çigdem Bern. Warum ist der Betreuungsbedarf der Eltern in den vergangenen Jahren stetig gestiegen? „Zum einen leben mehr Kinder in Viersen durch Geburten oder Zuwanderung von Familien mit Kindern“, erklärt Bern. „Zum anderen nehmen immer mehr Eltern zum früheren Zeitpunkt Betreuungen für ihre Kinder in Anspruch, um früher ihre Arbeit wieder aufzunehmen.“

Ging die Stadt Viersen im Jahr 2014 noch von einer Nachfragequote für Betreuung für U3-Kinder von 32 Prozent aus, liege die Nachfragequote aktuell bei 41 Prozent. Allerdings könne die Stadt im aktuellen Kita-Jahr nur eine Betreuungsquote von 33 Prozent bieten, so Bern – trotz massiver Investitionen: Gab es vor fünf Jahren in Viersen 610 U3-Plätze in Viersener Kitas und bei Tagesmüttern, sind es aktuell 689 – ein Plus von 13 Prozent.

„Vereinbarkeit von Beruf und Familie darf keine Worthülse sein, sondern ist ein ernst zu nehmendes Anliegen der Eltern“, findet die Beigeordnete. „Damit das auch gelebt werden kann, sind die Rahmenbedingungen für Eltern anzupassen.“

Kita-Ausbau in
allen Stadtteilen

Mit einem Millionenaufwand geht der Kita-Ausbau in Viersen weiter: In allen Stadtteilen sind neue Kitas geplant. 19 zusätzliche U3-Gruppen sollen bis Ende 2023 gebildet werden. „Zusätzliche U3-Plätze entstehen durch die zeitgleiche Umwandlung von Plätzen in den Bestandseinrichtungen“, sagt die Beigeordnete. „Damit sollen im Jahr 2023 insgesamt rund 920 U3-Plätze zur Verfügung stehen.“ Damit käme die Stadt Viersen auf eine Betreuungsquote von 44 Prozent.

Allein 2021 und 2022 werden knapp 2,2 Millionen Euro städtische Investitionskostenzuschüsse in die Neubauten fließen – allerdings erhält die Stadt voraussichtlich gut 1,7 Millionen Euro vom Land zurück. Unterm Strich belastet der Ausbau den städtischen Haushalt in den beiden kommenden Jahren voraussichtlich mit zusammen 440 000 Euro. Und: Der städtische Anteil an den jährlichen Betriebskosten erhöht sich auf rund 3,6 Millionen Euro.

Auch in einem anderen Punkt verbessert die Stadt Viersen das Angebot für junge Eltern: „Im kommenden Kitajahr werden in jedem Stadtteil Angebote an Randzeitenbetreuung in den Kindertageseinrichtungen vorgehalten und nach und nach ausgebaut“, kündigt die Beigeordnete an. Teifel hört’s mit Freude: „Nach der Elternzeit muss ich wieder arbeiten – und mein Kind ab 6.45 Uhr in die Kita bringen.“

Wie ist die Lage in den anderen Kommunen im Westkreis?

Nettetal: Seit 2015 hat die Stadt Nettetal die Zahl der U3-Plätze um 26 Prozent auf derzeit 440 ausgebaut. Im laufenden Kita-Jahr kommt die Seenstadt damit auf eine Betreuungsquote von 40 Prozent. Bis 2023 sollen in zwei Neu- und zwei Anbauten 56 neue U3-Plätze entstehen, hinzu kommen rund 60 zusätzliche Plätze in der Kindertagespflege.

Brüggen: In der Burggemeinde wurde die Zahl der U3-Plätze seit 2015 um 29 Prozent auf derzeit 181 erhöht. Die aktuelle Betreuungsquote liegt bei 44 Prozent. In 2022 sollen fünf bis zehn weitere U3-Plätze entstehen.

Niederkrüchten: Dort stieg die Zahl der U3-Plätze seit 2015 um 44 Prozent auf aktuell 176. Damit kommt Niederkrüchten auf eine Betreuungsquote von 43,7 Prozent. Der Bedarf liegt laut Kreisjugendamt im neuen Kitajahr aber bei 47 Prozent. „Hier können wir aber recht flexibel durch die Tagespflege reagieren“, heißt es aus dem Kreisjugendamt. Durch den Neubau einer Awo-Kita in 2021 sollen 15 weitere U3-Plätze entstehen, 2023 soll eine weitere Kita mit zehn bis 15 U3-Plätzen fertig sein. Und: In vier Großtagespflegestellen entstehen 36 weitere U3-Plätze.

Schwalmtal: Seit 2015 ist die Zahl der U3-Plätze um 53 Prozent auf jetzt 224 gestiegen. Die Betreuungsquote liegt bei 39 Prozent; leicht unter dem Bedarf von 40,3 Prozent. Nächstes Jahr sollen in einer Großtagespflegestelle neun weitere U3-Plätze entstehen, für 2022 sind zwei Neubauten mit 15 zusätzlichen U3-Plätzen geplant.

* Name geändert.