Hoher Beratungsbedarf Verbrauchersorgen wachsen in der Pandemie

Düsseldorf · Die Landesregierung will Verbraucherverträge auf eine Laufzeit von maximal einem Jahr begrenzen. Verbraucherschutzministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) kündigte am Montag eine entsprechende Gesetzesinitiative im Bundesrat an.

Beratungen, Informationen und rechtliche Maßnahmen wie Abmahnungen und Klagen sind das tägliche Brot der Verbraucherzentrale NRW.

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Wenn es um die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie geht, stehen die Unternehmen im Mittelpunkt des Interesses: Hilfspakete, das Abwenden von Insolvenzen, Kurzarbeit und anderes mehr.  Der Verbraucher und seine Nöte stehen damit freilich in engem Zusammenhang. Gut ist in Erinnerung, wie Reisefirmen oder Airlines teilweise  bis heute Geld zurückgehalten haben, das ihnen nicht zustand. Und wie man sich um Beiträge für geschlossene Fitnessstudios stritt. Es gab Debatten darum, ob Verbraucher sich mit Gutscheinen zufriedengeben sollen, wenn eine Veranstaltung aus Coronagründen abgesagt wurde.

Was im Einzelnen wie kleine Münze aussieht, summiert sich dann aber doch auch beim einzelnen Verbraucher bis hin zur finanziellen Existenznot. Darüber sprachen am Montag Wolfgang Schuldzinski, Chef der  NRW-Verbraucherzentrale, und Verbraucherschutzministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) bei einer Pressekonferenz in der Düsseldorfer Staatskanzlei. Ein Termin, der für Schuldzinski  auch eine durchaus angenehme Seite hatte. Wurde doch vertraglich abgesichert, dass die Geldquelle, die die Beratungsleistungen der von ihm geführten Einrichtung erst ermöglicht, auch weiterhin sprudelt.

Umwelt- und Landwirtschaftsministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) ist auch für den Verbraucherschutz in NRW zuständig.

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Für das Jahr 2021 garantiert der Landeshaushalt der Verbraucherzentrale NRW eine Förderung von rund 21 Millionen Euro. 2020 lag die Förderhöhe noch bei rund 16,5 Millionen Euro. Bis zum Jahr 2025 soll die Förderung um weitere 2,5 Millionen auf dann 23,6 Millionen Euro jährlich anwachsen. 

Die Verbraucherzentrale sei eine „ganz wichtige Stütze an unserer Seite, eine unverzichtbare Institution, der wir Unterstützung ohne Wenn und Aber zusagen“, sagte Ministerin Heinen-Esser. Schuldzinski bedankte sich bei Ministerin und Landtag und hatte keine Mühe, die steigenden Leistungen des Landes mit dem wachsenden Bedarf an Beratungsleistungen zu rechtfertigen. Auch wenn die Verbraucherberatungsstellen schon mehrere Monate im vergangenen Jahr und auch jetzt wieder aus Pandemiegründen nicht für persönliche Beratungsgespräche erreichbar sind, registriere man doch zunehmende Sorgen und Nöte. Allein über die Corona-Hotline seien seit März 2020 bislang gut 31.000 telefonische Kurzberatungen durchgeführt worden. Rund 5000 Verbraucheranliegen per E-Mail würden monatlich zudem allein im Servicecenter bearbeitet, hinzu kommen die Beratungen durch die 62 Verbraucherberatungsstellen in den einzelnen Kommunen und Kreisen.

Da geht es nicht nur um geplatzte Reisen und geschlossene Fitnessstudios. Schuldzinski zitiert die besonders bizarre Reaktion einer Billig-Airline, die denn auch von der Verbraucherzentrale abgemahnt wurde. Die Airline hatte ihre Kundschaft so abwimmeln wollen: „Sie bekommen Ihr Geld zurück, wenn die Krise vorbei ist.“ 

Viele Ratsuchende kämen, weil sie wegen Kurzarbeit, Arbeitsplatzverlust oder weggefallenem Minijob ihre finanziellen Verpflichtungen nicht mehr einhalten können, sie fragen nach Kündigungsmöglichkeiten.

Schuldzinski zitiert auch einen aktuellen Fall, in dem jemandem ein Baukredit versagt wurde – mit der Begründung, dass die Frau des Bauwilligen ja Friseurmeisterin sei und deshalb derzeit kein regelmäßiges Einkommen habe. Anders als früher suchten mittlerweile auch Studierende um Rat bei den Verbraucherschützern – eine Folge davon, dass viele Studentenjobs weggebrochen sind.

Schuldzinskis politischer Wunsch: „Neben direkter Hilfe durch sozialpolitische Maßnahmen fordern wir, die Kreditraten für Verbraucher, die wegen Corona vorübergehende Einkommenseinbußen und Liquiditätsprobleme haben, erneut für einen Zeitraum von mindestens drei Monaten ohne Mehrkosten zu stunden.“ 

Der Verbraucherschützer befürwortet auch eine NRW-Initiative, einen  Gesetzentwurf der Bundesregierung zu verschärfen. Darin geht es um länger laufende Verbraucherverträge. Laufzeiten etwa von Handy- oder  Streamingverträgen sollen danach auf nur noch zwölf Monate statt auf bisher oft zwei Jahre begrenzt werden. Eine stillschweigende Verlängerung soll nur noch für drei Monate möglich sein.