Neue Studie Verschickungskinder in NRW: Mehr als zwei Millionen Kinder betroffen

Düsseldorf · NRW hat eine Studie zu den sogenannten Verschickungskindern vorgelegt. In den Heimen haben die Kinder oft traumatische Erfahrungen gemacht.

Rund 2 Millionen Kinder sind in Kurheime verschickt worden.

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Das nordrhein-westfälische Gesundheits- und Sozialministerium hat eine Studie zur Aufarbeitung des Leids von Millionen sogenannter Verschickungskinder mit konkreten Zahlen vorgelegt. Demnach wurden allein in NRW zwischen 1949 und 1990 Fahrten für mehr als 2,1 Millionen Kurkinder in die oft berüchtigten Kur- oder Erholungsheime organisiert. Allein im Jahr 1962 wurden fast 100 000 Kinder und Jugendliche aus Nordrhein-Westfalen verschickt. Wie viele Kinder in dem Zeitraum mehrfach in die Kur kamen, konnten die Wissenschaftler nicht herausfinden.

Für viele Kinder wurde der Aufenthalt im Kurheim zu einer Tortur, die sie bis ins Erwachsenenalter traumatisch belastete. Die Zeitzeugenberichte über Gewalt, Schläge, Essens- und Schlafentzug, Isolierung und Demütigung in den Kurheimen bezeichnen die Autoren der Studie grundsätzlich „als in hohem Maße glaubwürdig“. Allein das Internetportal „verschickungsheime.de“ verzeichnet inzwischen fast 2000 solcher Berichte.

„In den sechziger und siebziger Jahren war die Kinderkur eine Erfahrung vieler“, heißt es zu Beginn der Studie. „In der kollektiven Erinnerung der betroffenen Jahrgänge ist auch präsent, dass nicht wenige mit ihrer damaligen Kur negative Erlebnisse verbanden. Heimweh, autoritärer Erziehungsstil, stupide Freizeitgestaltung und miserables Essen sind typische Motive, wenn unter den zwischen 1950 und 1970 Geborenen die Rede auf die eigene Kurerfahrung kommt.“

„Unser Land muss und wird sich auch mit den dunklen Kapiteln unserer Landesgeschichte auseinandersetzen“, sagte Gesundheits- und Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU). „Das sind wir allen voran denen schuldig, denen Unrecht widerfahren ist.“ NRW werde einen Runden Tisch einrichten, „um ein Stück weit Licht ins Dunkel zu bringen“.

(dpa)