Wahl-O-Mat für die Landtagswahl Wem soll ich am 15. Mai meine Stimme geben?
DÜSSELDORF · Der Wahl-O-Mat für die Landtagswahl am 15. Mai ist freigeschaltet – ein Werkzeug für informierte Wählerinnen und Wähler.
Weniger als vier Wochen vor der Landtagswahl in NRW am 15. Mai ist der Wahl-O-Mat freigeschaltet worden. Ein Instrument, mit dem sich seit Donnerstag online feststellen lässt, mit welcher Partei der Nutzer oder die Nutzerin die meisten Übereinstimmungen hat. Cemile Giousouf von der Bundeszentrale für politische Bildung fasst die nun schon knapp 20 Jahre praktizierte Idee so zusammen. „Unser Ziel ist, die Wahlbeteiligung zu erhöhen und die Wahlberechtigten in die Lage zu versetzen, informiert zur Wahl gehen.“
Die Parteiprogramme würden oft als schwer verständlich empfunden und die Unterscheidbarkeit sei oftmals schwierig zu erfassen. „Da setzt der Wahl-O-Mat an: Mit diesem Instrument lassen sich die Unterschiede zwischen den Parteien spielerisch und informativ herausfinden und ermöglichen so den Vergleich mit den eigenen Positionen.“
Das funktioniert so: Auf der Seite wahl-o-mat.de der Bundeszentrale für politische Bildung finden sich 38 Thesen im Zusammenhang mit der NRW-Landtagswahl. Zu jeder dieser Thesen kann per Mausklick abgestimmt werden: „Stimme zu“, „neutral“, „Stimme nicht zu“. Und dann, am Ende, kann der Nutzer oder die Nutzerin das Ergebnis sehen: Mit welcher Partei haben meine Ansichten die größte Übereinstimmung? Dies sind einige der Thesen für die Wahl am 15. Mai:
„Schulen in NRW sollen auch nach der Pandemie einen Teil des Unterrichts online durchführen dürfen.“
„Es sollen mehr Straßen in Fahrradwege umgewandelt werden.“
„NRW soll sich dafür einsetzen, dass Deutschland weiterhin Waffen an die Ukraine liefert.“
„Die Mietpreisbremse in nordrhein-westfälischen Städten soll wieder abgeschafft werden.“
„Die Videoüberwachung öffentlicher Plätze soll ausgeweitet werden.“
„Das Land soll weiterhin Gebühren bei einem Kirchenaustritt erheben.“
„Die Nutzung des Öffentlichen Nahverkehrs soll entgeltfrei sein.“
Zu den meisten Thesen dürfte der Nutzer oder die Nutzerin eine mehr oder weniger gefestigte eigene Meinung haben. Aber wie stehen die Parteien dazu und wie kann er oder sie mit dem Kreuz auf dem Wahlzettel die Chance erhöhen, dass die eigenen Vorstellungen Wirklichkeit werden? Dabei hilft das Werkzeug.
Die Thesen des Wahl-O-Mat wurden von einem Redaktionsteam aus Jungwählern aus Nordrhein-Westfalen sowie von Experten aus Wissenschaft und Journalismus und Verantwortlichen der Bundes- und Landeszentrale für politische Bildung entwickelt. Die Parteien (28 beteiligten sich) hatten keinen Einfluss auf die Thesen. Sie hatten nach deren Zusendung drei Wochen Zeit, diese entsprechend ihrer politischen Positionierung zu beantworten. Mit „stimme zu“, „stimme nicht zu“ oder „neutral“. Außerdem konnten sie zu jeder These eine Begründung abgeben, in der sie ihre jeweilige Position ausführen und ihren genauen Standpunkt zur These konkretisieren konnten.
Den Wahl-O-Mat gibt es bereits seit 2002, in NRW ging er erstmals 2005 an den Start. Laut Guido Hitze, Leiter der Landeszentrale für politische Bildung, wurde er damals 315 000 Mal genutzt. Vor der Landtagswahl 2012 lag die Zahl der Nutzungen bereits bei 1 270 000 und 2017 sogar schon bei 2 610 000. Ein Beleg, für wie hilfreich die Menschen das Instrument ansehen, das ursprünglich dafür geschaffen wurde, insbesondere die Jungwähler für das Wählen-Gehen zu motivieren. Und eben das scheint auch zu klappen. Jedenfalls wird das laut Cemile Giousouf durch eine begleitende Nutzer-Analyse bestätigt. „70 Prozent sagten, dass sie nach der Nutzung die Unterschiede zwischen den Parteien klarer sehen, 75 Prozent gaben an, dass der Wahl-O-Mat geholfen hat, landespolitische Themen stärker wahrzunehmen, und 60 Prozent sagten, dass sie motivierter sind, zur Wahl zu gehen.“
Warum eine hohe Wahlbeteiligung (2017 lag sie in NRW bei 65,2 Prozent) auch bei Landtagswahlen so wichtig ist, erklärt Guido Hitze mit dem umgekehrten Szenario: „Eine niedrige Wahlbeteiligung birgt die Gefahr, die Staatsform zu delegitimieren. Wenn sich nur 30 Prozent beteiligen und dann erreicht eine Partei zum Beispiel 40 Prozent, so reduziert sich das in den absoluten Zahlen auf 12 Prozent der Wahlberechtigten. Und dann wird gefragt: Mit welchem Recht hat die Partei jetzt diese oder jene Entscheidung getroffen?“ Je höher die Wahlbeteiligung, umso größer die Legitimität. Der Wahl-O-Mat wolle dazu beitragen, dass sich die Menschen bewusst und informiert beteiligen.
Etwa 93 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer, die vor der Wahl-O-Mat-Nutzung eine klare politische Position hatten, erhalten genau oder in etwa das Wahl-O-Mat-Ergebnis, das sie erwartet haben, sagen die Macher des Wahl-O-Mat. Manch einer mag sich aber wundern, warum ihm auf einmal aufgrund seiner Antworten eine Nähe zu einer Partei bescheinigt wird, die er nicht für möglich gehalten hatte. Die Experten dazu: Das könne daran liegen, dass ja auch die 38 Thesen im Wahl-O-Mat nur einen Ausschnitt der politischen Themen wiedergeben. Oder dass die Entscheidung für eine Partei eng mit deren Personal verbunden ist, was in dem Wahl-O-Mat ja keine Berücksichtigung findet. Manchmal sei es aber auch so, dass die eigenen Einschätzungen zu einer Partei mit den tatsächlich von dieser Partei vertretenen Positionen einfach nicht übereinstimmen. Das sei dann Anlass, das überraschende Wahl-O-Mat-Ergebnis zu nutzen, sich genauer mit den Positionen der Parteien auseinanderzusetzen.