Bildung im Kreis Viersen Wie gut sind die Berufsschulen im Kreis?
Kreis Viersen · Schüler und Ausbildungsbetriebe haben nach vier Jahren erneut die Bildungseinrichtungen bewertet und Schulnoten vergeben. Dabei gibt’s zwei unterschiedliche Entwicklungen.
Wie gut sind die Berufsschulen? Das haben knapp 1000 Auszubildende und rund 250 Ausbildungsbetriebe jetzt im Rahmen einer Umfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein bewertet. Sie vergaben Schulnoten. Im Vergleich zur letzten Befragung vor vier Jahren gibt es zwei gegenläufige Entwicklungen.
16 Berufsschulen gibt es im IHK-Gebiet. Vor vier Jahren wurden sie von den Ausbildungsbetrieben mit der Schulnote 2,8 bewertet. Bei der jüngsten Umfrage verbesserte sich die Bewertung leicht: 2,7. Anders die Entwicklung, wenn man die Auszubildenden selbst fragt. Vor vier Jahren vergaben sie den Berufsschulen noch die Schulnote 3,2. Jetzt ist es nur noch eine 3,4.
Schlechte Noten für Digitalisierung an Berufsschulen
Und wie schneiden die Berufsschulen im Kreis Viersen ab? In Nuancen besser als die Schulen in Mönchengladbach und im Rhein-Kreis Neuss. Die Schüler vergaben den Berufsschulen im Kreis Viersen im Schnitt eine 3,3, die Ausbildungsbetriebe eine 2,6 – jeweils 0,1 Prozentpunkt besser als die Durchschnittsnote aller 16 Berufskollegs. Vergleichswerte zur Umfrage vor vier Jahren gibt es nicht, weil damals nicht nach den einzelnen Regionen unterschieden wurde. Und auch Daten zu den einzelnen Berufskollegs im Kreis Viersen liegen der IHK nicht vor, erklärt Gregor Werkle, der die Umfrage betreut hat.
„Die Berufsschulen sind ein wichtiger Partner im Rahmen der dualen Berufsausbildung“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz. „Wir erwarten, dass alle beteiligten Akteure – Schulleitungen, Lehrkräfte, zuständige Schulträger und Politik – dazu beitragen, dass sowohl die Lehrinhalte als auch die Ausstattung zeitgemäß sind.“
Viele Aspekte wurden von Auszubildenden wie Betrieben gleichermaßen gut bewertet, beispielsweise die Erreichbarkeit der Schulen. Außerdem räumen die Auszubildenden den Berufskollegs für eine erfolgreiche Berufsausbildung einen hohen Stellenwert ein.
Woran liegt es, dass die Ausbildungsunternehmen die Berufsschulen heute besser als bei der Vorumfrage vor vier Jahren bewerteten? „Das ist auch auf die verbesserte Kooperation zwischen Berufsschulen und Unternehmen zurückzuführen – eine Kernforderung der Betriebe, die unsere Umfrage im Jahr 2019/2020 ergeben hatte“, erklärt Steinmetz. „Ich freue mich, dass in diesem Bereich etwas passiert ist.“ Auffällig sei bei der Bewertung der Kommunikation, dass lediglich knapp 30 Prozent die Note „Drei“ gegeben haben. Bei diesem Thema zeigen sich die meisten Ausbildungsunternehmen entweder zufrieden oder unzufrieden, während nur wenige eine neutrale Haltung einnehmen. „Das zeigt: Der Großteil der Schulen und Lehrenden macht es besonders gut, bei anderen gibt es allerdings weiterhin Verbesserungspotenzial“, schlussfolgert Steinmetz. Um die Kooperation zu verbessern, schlägt die IHK einen regelmäßigen persönlichen Austausch zwischen Lehrkräften der Berufsschulen und Ausbildungsverantwortlichen der Unternehmen vor. Dabei könnten Ausbildungsbedarfe, Anpassungen der Lehrpläne im Rahmen der Möglichkeiten und aktuelle Branchenentwicklungen besprochen werden, so die IHK.
Fehlende Praxisnähe im Unterricht wird kritisiert
Für Ausbildungsunternehmen, aber auch für die Azubis spielt die Digitalisierung an Berufsschulen eine große Rolle. Dies gilt einerseits für die Digitalisierung als Unterrichtsthema und andererseits für das Lernen mit digitalen Medien. „Leider fällt die Bewertung bei diesem wichtigen Thema eher negativ aus, auch nach der langen Corona-Zeit, in der dies ja erforderlich war und daher nun geübt sein sollte“, bedauert Steinmetz. Die Vermittlung von digitalen Kompetenzen in den Berufsschulen wird von den Unternehmen mit einer Durchschnittsnote 3,1 bewertet. Die Schüler sind noch unzufriedener. Der Unterricht zum Thema Digitalisierung wird mit der Note 3,5 bewertet. Auch die Ausstattung mit neuen Lernmedien sowie deren Einsatz, aber auch die digitalen Kompetenzen der Lehrenden werden von den Auszubildenden nur mäßig beurteilt. Deswegen wünschen sich die Ausbildungsunternehmen mehr Investitionen in die IT-Infrastruktur und die Hardware.
Gleiches gilt für die Medienkompetenz der Lehrerinnen und Lehrer. Für 52 Prozent der Unternehmen hat die Investition in qualifizierte Lehrkräfte als Faktor der Berufsschulpolitik in NRW beziehungsweise im Regierungsbezirk höchste Priorität. „Hier sind alle Verantwortlichen in der Pflicht, mehr zu tun“, fordert Steinmetz. „Das Land muss die Rahmenbedingungen schaffen, und in den Schulen selbst muss die Umsetzung erfolgen.“
Noch schlechter sind die Bewertungen des Unterrichts im Themenfeld „Künstliche Intelligenz“ (KI). Hier geben die Auszubildenden nur die Schulnote 4,4. Das sei ein Hinweis darauf, dass dieser Bereich so gut wie gar nicht Einzug in den Berufsschulunterricht gefunden hat, so die IHK Das Thema KI muss nach Ansicht von IHK-Hauptgeschäftsführer Steinmetz künftig in die Lehrpläne übernommen werden. „Schließlich gehört KI bereits heute zum Teil zum Arbeitsalltag“, so Steinmetz.
Auch bei der Praxisnähe des Unterrichts sehen die Auszubildenden Verbesserungspotenziale. So passen bei mehr als einem Viertel der Berufsschülerinnen und -schüler die Lehrinhalte nicht zu dem, was die jungen Menschen in den Unternehmen vermittelt bekommen. Die Praxisnähe des Lehrpersonals wird mit der durchschnittlichen Note von 4,0 bewertet.