Elektromobilität Wo das Laden von E-Autos kaum Zeit kostet

Düsseldorf · Entlang der Autobahnen entstehen zusehends mehr Schnellladestationen für E-Autos. Am Kreuz Hilden hat ein Bäcker gleich ein ganzes Konzept dazu entwickelt.

Am Autobahnkreuz Hilden entsteht bis Ende 2022 ein großer Schnellladepark samt Café-Bistro-Bäckerei.

Foto: Roland Schüren

Sie nennen sich „Ultra-Charger“ und „Supercharger“ und sollen E-Mobilität durch schnellere Ladezeiten auch auf der langen Strecke attraktiv machen. Entsprechend entstehen die Schnellladestationen entlang des Autobahnnetzes. Im Kreuz Hilden ist Mitte dieses Monats der Startschuss für den perspektivisch größten Schnellladepark des US-amerikanischen E-Auto-Pioniers Tesla innerhalb der Europäischen Union gefallen.

Den ersten Ansturm erlebten die derzeit 16 Tesla-Ladestationen auf der frischen Baustelle am vergangenen Wochenende, als viele Niederländer den Beginn der dortigen Tulpenferien für einen Ausflug ins benachbarte Deutschland nutzten. Der Hildener Bäckermeister Roland Schüren plant auf dem von ihm gekauften, 12 000 Quadratmeter großen Gelände im Gewerbegebiet den Aufbau einer Café-Bistro-Bäckerei mit angeschlossener Lebensmittelerzeugung von Salaten bis zu Beeren unter dem Titel „Seed & Greet“ (Sähen & grüßen).

Schon ab dem Frühsommer soll das Provisorium der bisherigen V2-Ladestationen (bis 150 Kilowatt) gegen die neuen V3-Charger von Tesla (Ladeleistung bis zu 250 Kilowatt) ausgetauscht werden. Im Endausbau sind dort insgesamt 40 Tesla-Anschlüsse geplant. Parallel wird auch der niederländische Ladeanbieter Fastned Ladestationen für E-Autos anderer Hersteller aufbauen – mit einer Ladeleistung von bis zu 300 Kilowatt.

Und schließlich will Schüren selbst, der die Belieferung seiner Filialen längst auf E-Transporter umgestellt hat, bis zur Fertigstellung des letzten Bauabschnitts Ende 2022 einige langsamere AC-Ladepunkte (elf Kilowatt) eingerichtet haben – für diejenigen, die es nicht so eilig haben oder in dem entstehenden fünfstöckigen Gebäude beschäftigt sind. Die Ladestationen sowie das gesamte Gelände sollen komplett mit Strom aus Solar- und Windenergienutzung vor Ort sowie zugekauftem Ökostrom aus dem Netz versorgt werden.

Langsames Laden über Nacht schont die Akkus

„Die Supercharger sind allein für die lange Strecke gedacht“, sagt Timo Schadt, Pressesprecher von „Seed & Greet“. Denn das schnelle Laden hat seine Tücken. Erfolgt es zu häufig, nimmt der Akku Schaden und seine Lebensdauer verkürzt sich. In der Polittalkshow „Hart aber Fair“ hat sich der Grünen-Politiker Boris Palmer am Montagabend besonders kritisch zur schnellen Ladestationen geäußert: „Wir müssen uns daran gewöhnen, dass die E-Autos langsam über Nacht laden.“ Schnellladestationen müssten die Ausnahme bleiben, denn dafür müsse man die Städte komplett umgraben, weil die Leitungskapazitäten überhaupt nicht zur Verfügung stünden.

Zielgruppe sind daher auch in Hilden nur die Fernreisenden, aber nicht die Anwohner. Das gilt auch für den ersten „Ultra-Charger“ auf dem Gelände der Firma A.T.U direkt am Kamener Kreuz bei Dortmund, einem der am stärksten frequentierten Autobahnknotenpunkte Deutschlands. Er ist ebenfalls seit Mitte Februar in Betrieb und wirbt mit zeitsparendem Ultraschnellladen von bis zu 350 Kilowatt. „Elektroautos der neuesten Generation lassen sich dann für eine zusätzliche Reichweite von hundert Kilometern in weniger als fünf Minuten aufladen“, heißt es in einer Mitteilung.

Die ultraschnelle Ladesäule in Kamen ist die erste ihrer Art im A.T.U-Netz und wird ebenfalls zu 100 Prozent mit Ökostrom versorgt. Insgesamt unterhält die Werkstattkette bundesweit 44 Ladepunkte für alle E-Fahrzeugtypen – nicht ohne Grund: „Wir hatten 2018 und 2019 zusammen schon 46 000 Hybrid- und E-Fahrzeuge in unseren Werkstätten“, sagt Sprecher Markus Meißner. Die Ladestationen, die in Kooperation mit dem europaweiten Anbieter Allego aufgebaut wurden, stehen nicht nur A.T.U-Kunden, sondern allen E-Auto-Nutzern an sieben Tagen die Woche rund um die Uhr zur Verfügung. Die Abrechnung erfolgt mit den üblichen Ladekarten. „In unserer Branche sind wir damit Vorreiter“, sagt Meißner.

Nach der offiziellen Liste der Bundesnetzagentur (Stand 5. Februar 2020) gibt es bundesweit derzeit knapp 12 300 Ladesäulen, davon rund 2200 in Nordrhein-Westfalen. Allein im vergangenen Jahr wurden laut Bundesverkehrsministerium in NRW 842 neue Ladeeinrichtungen in Betrieb genommen, davon 84 Schnellladestationen. In der Liste sind allerdings nur die Ladeeinrichtungen enthalten, die das Anzeigeverfahren der Bundesnetzagentur erfolgreich durchlaufen und deren Betreiber einer Veröffentlichung im Internet zugestimmt haben. Nicht von der Anzeigepflicht erfasst sind Ladepunkte, die vor dem 17. März 2016 errichtet wurden, sowie Ladepunkte mit einer Ladeleistung von höchstens 3,7 Kilowatt.