ÖPNV 9-Euro-Ticket: Wie geht es weiter? - Wuppertaler bilden lange Schlangen vor Verkaufsstellen (mit Video)

Wuppertal · Der WSW zieht Bilanz: Viele Menschen sind in ihrer Freizeit gefahren. Viele Bürger wünschen sich ein Nachfolgeticket.

Eine lange Schlange bildete sich am Mittwoch vor der Verkaufsstelle der WSW –   9-Euro-Tickets gab es nicht mehr.

Foto: WZ/Andreas Boller

Das 9-Euro-Ticket ist Geschichte. Zumindest vorerst. Wie es weitergeht, ist derzeit noch offen. Die WSW teilten jetzt mit, dass sie für die Monate Juni, Juli und August insgesamt 223 281 der vergünstigten Tickets verkauft haben. Dazu kommen 171 824 Abo-Monatskarten, die automatisch auf den reduzierten Betrag umgestellt wurden. Die Fahrgastzahlen sind durch das 9-Euro-Ticket und dessen bundesweite Gültigkeit in den drei Monaten in Wuppertal „spürbar gestiegen“, wie die WSW weiter mitteilten. Das habe sich vor allem bei der Schwebebahn bemerkbar gemacht, dort habe die WSW 20 Prozent mehr Fahrgäste verzeichnet als vor der Einführung des 9-Euro-Tickets.

Diese Steigerung der Fahrgastzahlen bei der Schwebebahn sind nach Ansicht von Axel Sindram, Pressesprecher des Fahrgastverbands Pro Bahn im Bergischen Land, ein Zeichen dafür, dass das 9-Euro-Ticket vor allem für touristische Fahrten genutzt wurde. „Die Zahlen in den Bussen in Wuppertal sind dagegen mehr oder weniger gleich geblieben.“ Die Züge wiederum waren voller. Auch die WSW betonte, dass nach ihren Beobachtungen das 9-Euro-Ticket verstärkt für Freizeitfahrten genutzt wurde. „Eine signifikante Veränderung im Mobilitätsverhalten der Bürgerinnen und Bürger war im Aktionszeitraum – wie auch bundesweit – allerdings nicht zu spüren“, so die WSW. Diese haben in den drei Monaten Juni, Juli und August „so gut wie ausschließlich“ 9-Euro-Tickets verkauft. Die Einnahmeverluste durch das verbilligte Ticket bei den WSW betragen über zehn Millionen Euro. Die Mindereinnahmen werden durch die Bundesregierung kompensiert.

Ob es einen Effekt auf neue Abo-Kunden gibt, können die WSW noch nicht feststellen. „Aktuell werden viele Schockotickets (Schüler) und Youngtickets Plus (Auszubildende) neu abgeschlossen“, erklärt WSW-Sprecher Rainer Friedrich. „Das ist im September aber normal.“

Wie geht es nun weiter? Es gibt vielfach die Forderung nach einer Nachfolgeregelung. Der Fahrgastverband Pro Bahn kann sich ein Drei-Stufen-Modell vorstellen, erklärt Axel Sindram. „Danach würde ein Ticket für die Stadt 29 Euro im Monat kosten, für das ganze Bundesland 49 Euro und deutschlandweit 69 Euro. Alternativ wäre auch ein 365-Euro-Ticket im Jahres-Abo denkbar.“ Jürgen Hardt (CDU), Bundestagsabgeordneter für Solingen, Remscheid und Wuppertal, plädiert für ein bundesweit gültiges und für alle verpflichtendes 365-Euro-Ticket. „Ich bin seit vielen Jahren der Überzeugung, dass der Nutzen von Öffentlichem Personennahverkehr nicht nur bei denen liegt, die den Bus oder den Zug nutzen. Sondern auch bei denen, die mit dem Auto unterwegs sind“, sagte Hardt. „Genau umgekehrt argumentieren wir ja auch beim steuerfinanzierten Autobahnbau.“

Bundestagsabgeordneter Ingo Schäfer erklärt, dass die SPD sich ein bundesweit gültiges Ticket für 49 Euro im Monat vorstellen kann, das zu jeweils 50 Prozent von Bund und Ländern getragen würde. Für eine Nachfolgeregelung spricht sich auch Bundestagsabgeordnete Anja Liebert (Grüne) aus. „Wenn Menschen der Zugang zum ÖPNV erleichtert wird, ist das als Chance zu sehen. Für mehr Teilhabe, für mehr Entlastung der Umwelt.“