Amtsschimmel: Fast wäre die Lehrstelle wieder weg gewesen

Rechtsstreit: Ein Zivi wollte zwei Monate früher gehen – und bekam die Härte des Gesetzes zu spüren.

Wuppertal. Daniel Endorf ist erschüttert: Der Zivildienstleistende hätte um ein Haar seine Ausbildungsstelle als Steuerfachangestellter verloren - und das, obwohl der 20-jährige einen lückenlosen Lebenslauf vorweisen kann. Der Grund: Sein Zivildienst kollidiert mit dem Beginn seiner Ausbildung.

Mit dem Wuppertaler Steuerberater Wolfgang Luther hatte er in seinem Arbeitsvertrag den 1. August als Beginn seiner Ausbildung vereinbart - obwohl sein Zivildienst erst regulär am 30. September endet. Denn die Kindertagesstätte, in der der Remscheider Endorf ein schwer behindertes Kind betreut, hätte gegen die vorzeitige Entlassung keine Einwände gehabt, zumal das bisher betreute Kind die Einrichtung verlassen hat.

Im Sommer 2009 hatte Endorf sein Fachabitur gemacht und nach dem Abschluss ein obligatorisches sechsmonatiges Praktikum absolviert. Einen Tag, nachdem sein Praktikum beendet war, begann er mit dem Zivildienst. Urlaub hat er sich nicht gegönnt - dem lückenlosen Lebenslauf zuliebe.

"Ich habe etliche Bewerbungen geschrieben", sagt Endorf. Dann endlich die Zusage aus Wuppertal. Um seine Ausbildungsstelle auch antreten zu können, beantragte er beim Bundesamt für Zivildienst in Köln die Verkürzung um zwei Monate. Er befürchtete, sonst den Platz an einen anderen Bewerber zu verlieren. "An meinem mit der Kindertagesstätte vereinbarten letzten Arbeitstag rief jemand vom Bundesamt für Zivildienst an und teilte mir mit, dass dem Bescheid nicht stattgegeben werde", sagt Endorf. "Ich hätte nicht gedacht, dass es so kompliziert ist." Endorf klagte - und verlor.

Die Begründung: Es liege kein besonderer Härtefall vor. "Das Gericht ist der Auffassung, dass es dem Auszubildenden zuzumuten ist, den Zivildienst zum 30. September 2010 regulär zu beenden, dann zehn Monate auf der Straße zu sitzen, um dann am 1. August 2011 die Ausbildung zu beginnen", sagt Steuerberater Luther empört. "Wovon der Auszubildende in dieser Zeit wenigstens teilweise seinen Lebensunterhalt bestreiten soll, das lässt das Gericht offen."

Doch der Beschluss ist rechtens, sagt der Sprecher des Verwaltungsgerichts Winfried Schwerdtfeger. "Unter normalen Umständen gibt es einfach keine Verkürzung." Ob eine "besondere Härte" vorliege - die einzige Möglichkeit, früher aus dem Dienst auszusteigen -, werde mit einem einheitlichen Rechenmodell festgestellt.

Diese Berechnung wende die Kammer generell an, um Wehr- und Zivildienstgerechtigkeit zu gewährleisten. "Die besonderen Umstände dieses Falls werden das Urteil für den Zivildienstleistenden und den Steuerberater schwer nachvollziehbar machen, aber es entspricht den rechtlichen Kriterien."

Der nächste Tiefschlag für den Zivildienstleistenden kam am Montag: Seine Rechtschutzversicherung übernimmt die Kosten des Verfahrens gegen die Behörde nicht. So muss Endorf rund 5000 Euro aus eigener Tasche zahlen.

Steuerberater Luther sieht auf seinen Azubi gravierende Nachteile zukommen: "Ihm fehlen am Ende zwei Monate Praxis und ein Monat Berufsschule." Dennoch hält er an seiner Entscheidung für Daniel Endorf fest. Der darf nun zum 1. Oktober seine Ausbildung bei ihm beginnen. "Was soll man dem Jungen sonst noch antun? Er muss viel aufholen, aber wir trauen ihm zu, dass er es schafft."