Gefahr rückt näher Angst vor Coronavirus wächst: 28 Verdachtsfälle in Wuppertal
Wuppertal · Das Coronavirus hat auch in Wuppertal Einfluss auf das Alltagsleben. Konzerte sollen auf 1000 Plätze begrenzt werden. Unternehmen planen Kurzarbeit.
In Wuppertal gibt es derzeit 28 Corona-Verdachtsfälle. Das teilte die Stadt am Montagmittag mit. Alle Betroffenen hatten Kontakt mit Menschen, die potenziell mit dem Coronavirus angesteckt wurden. Eine Person weist Krankheitssymptome auf, alle 28 Wuppertaler befinden sich in Quarantäne. Auch, da es beim Nachbarn Remscheid bereits vier bestätigte Corona-Erkrankungen gibt, geht derzeit niemand bei der Stadt davon aus, dass die Lage so stabil bleibt. Sozialdezernent Stefan Kühn sagte: „Die Verdachtsfälle werden zunehmen, weil auch die Risikogebiete größer werden.“ Oberbürgermeister Andreas Mucke ordnete die Situation so ein: „Wir hoffen, dass die Lage nicht weiter eskaliert. Aber Vieles liegt nicht in unserer Macht.“
Einigen Spielraum hat die Stadt aber. So hat der vor 14 Tagen erstmals einberufene Krisenstab mit Vertretern von Gesundheitsamt, Feuerwehr und Polizei jetzt eine Empfehlung herausgegeben, Veranstaltungen mit mehr als 1000 Personen abzusagen. „Die Entscheidung liegt aber beim Veranstalter“, sagt Stadtdirektor Johannes Slawig. Die Lage könne sich aber jederzeit ändern. „Es ist nicht auszuschließen, dass wir in Zukunft Veranstaltungen untersagen müssen.“ Auch für kleinere Veranstaltungen sei in jedem Fall eine Risikoabschätzung nach den differenzierten Kriterien des Robert-Koch-Instituts notwendig. Demnach können etwa Faktoren wie die Internationalität der Gäste eine Veranstaltung auch unter 1000 Personen zu einem Gesundheitsrisiko werden lassen.
Fest steht: Für die Konzerte der Wuppertaler Sinfoniker in der Historischen Stadthalle sollen bis auf weiteres nicht mehr als 1000 Karten verkauft werden. Das nächste Konzert steht am Sonntag, 15. März, an.
Bislang gilt - unter Vorbehalt - dass keine Veranstaltungen im Zusammenhang mit dem Engels-Jahr gestrichen werden müssen. Allerdings hat die Ausbreitung Virus Covid-19 Auswirkungen auf den Besucherzustrom. Beim Engelskongress gab es beispielsweise keine chinesischen Gäste. Das Petrus-Krankenhaus hat unterdessen seinen Darmtag 2020 am 11. März abgesagt.
Am Montagabend spielte in der Stadthalle der chinesische Pianist Lang Lang vor ausverkauftem Haus. Der Große Saal bietet Raum für 1500 Gäste. Nach ausführlicher Diskussion sei beschlossen worden, dass das Konzert mit dem weltbekannten Pianisten, der sich mit den Goldberg-Variationen zu Johann Sebastian Bach auseinandersetzte, stattfinde, so Silke Asbeck, Geschäftsführerin der Historischen Stadthalle. Sowohl der Veranstalter, das Klavier-Festival-Ruhr, als auch der Ausnahmepianist hatten dies gewünscht.
Turnus der Reinigungskräfte ist enger getaktet
„Wir sind ja nur Vermieter, stellen unsere Räumlichkeiten zur Verfügung“, erklärt die Geschäftsführerin. Man habe lange überlegt, aber auch ein Ausweichtermin sei keine Lösung. Weil bei einem Welt-Künstler, der so eng durchgetaktet sei, nur schwer zu finden. Man stehe in engem Kontakt mit dem Krisenstab der Stadt. Unabhängig davon habe man die Hygienemaßnahmen verschärft. Der Turnus der Reinigungskräfte sei enger getaktet. Alle Dinge, die von vielen Menschen angefasst werden wie Türgriffe, würden öfter gereinigt und desinfiziert. Außerdem seien Desinfektionsständer aufgestellt worden. Asbeck: „Wir schauen von Tag zu Tag. Als Großveranstalter wird es uns wohl treffen.“
Die Stadtwerke haben ihren Reinigungstakt hingegen nicht erhöht. „Da sind wir noch nicht“, sagte am Montag WSW-Sprecher Holger Stephan auf Anfrage der WZ. Busse und Schwebebahn würden einmal zum Ende des Tages hin gereinigt. Es gebe keine gezielte Desinfektion von Griffen, Halteschlaufen und Knöpfen. Lediglich die Fahrerkabinen werden neuerdings alle zwei Tage gesondert desinfiziert. Stephan: „Wir reinigen nicht nach Krankenhausstandard.“ Ein erhöhtes Reinigungsintervall mehrfach am Tag halte der WSW-Sprecher auch für organisatorisch schwer durchführbar: „Wie soll das gehen?“
Gleichzeitig kämpft die Wirtschaft gegen die Auswirkungen der Epidemie. In der Nacht zum Sonntag hat der Koalitionsausschuss der Bundesregierung vereinbart, den Bezug von Kurzarbeitergeld zu erleichtern. Bei der Arbeitsagentur Solingen-Wuppertal zeichnete sich bereits in der vergangenen Woche großer Informationsbedarf zu diesem Thema ab. „Die Nachfrage der Bergischen Unternehmen hat deutlich zugenommen. Es gingen rund 30 Anfragen zur Kurzarbeit bei uns ein, die meisten aus dem Hotelgewerbe und dem Messebau. Das sind Branchen, die von den Auswirkungen des Coronavirus besonders betroffen sind“, sagt Martin Klebe, Vorsitzendes Mitglied der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Solingen-Wuppertal.
Die Verfahren sollen so einfach wie möglich ablaufen, so Klebe, der einen Vergleich zur Lage der Unternehmen in der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 zieht. In der Krise hielten sich viele Betrieb über Wasser, indem sie so Betriebskosten einsparten und vor allem Kündigungen vermieden. Der Plan der Bundesregierung sieht vor, dass die Bundesagentur für Arbeit 60 Prozent des ausgefallenen Nettolohns übernimmt. Der Koalitionsausschuss hat zudem beschlossen, dass die Sozialbeiträge komplett erstattet werden sollen. „Wichtig gerade für die kleineren mittelständischen Betriebe im Bergischen Land ist aber auch, dass sie Kurzarbeit schon dann nutzen können, wenn davon lediglich zehn Prozent der Arbeitnehmer im Unternehmen betroffen sind statt wie bisher ein Drittel der Beschäftigten“, sagt Martin Klebe.