Auf der Spur der Fledermäuse
Artenschutz auf der Nordbahntrasse: Wie Experten im Tunnel Schee der Bestand der natürlichen Tunnelbewohner erfassen.
Wuppertal. Martin Stallach stapft in Gummistiefeln durch knietiefes Wasser, mit einer Taschenlampe leuchtet der Biologe akribisch die Tunnelwand ab. Nanu? Er bleibt stehen. Ob der dunkle Gegenstand in der Gesteinsspalte eine Fledermaus ist? Der Biologe greift zum Fernglas — der Fund wird protokolliert. Sonntag Mittag inspizierten vier Fledermaus-Experten den Tunnel am Bahnhof Schee, und die WZ war dabei.
„Wir suchen Fledermäuse, die im Tunnel Winterschlaf halten, notieren die Funde und bestimmen die Fledermausarten“, erklärt Wiebke Bindemann. Das sogenannte Monitoring — die systematische Protokollierung der Fledermausfunde — werde im Tunnel am Bahnhof Schee in den Wintermonaten regelmäßig durchgeführt, ergänzt die Biologin Mechtild Höller. Ihr Team hat in diesem Jahr den Job übernommen. Auftraggeber ist die Stadt Wuppertal: Im Rahmen der EU-Förderung für den Ausbau der Nordbahntrasse ist sie dazu verpflichtet, den Artenschutz der Fledermäuse sicher zu stellen.
Die Biologin schlüpft in ihre Gummistiefel, schaltet die Taschenlampe ein, und los geht’s: Mit einem Klemmbrett in der Hand schreiten die Experten durch die beiden Tunnelröhren, die älteste von ihnen — der Westtunnel — wurde bereits 1884 erbaut. Bis in Ende der 70er Jahre rauschten hier Züge von Wuppertal nach Hattingen.
Heute bietet sich ein wüstes Bild: Schutt liegt auf dem Boden, je näher man der Stadt Wuppertal kommt, desto feuchter wird’s im Tunnel. „Das ist ja wie in einer Tropfsteinhöhle hier“, ruft Stallach und zeigt auf einen kleinen Stalaktit.
Auf den letzten Metern müssen die Biologen zu ihren wasserdichten Hosen greifen. Künstliches Licht gibt es keines — außer den Taschenlampen der Forscher. Doch das soll sich ändern: Gefördert durch EU-Mittel, soll der Tunnel ausgebaut und an die Nordbahntrasse angeschlossen werden (die WZ berichtete).
Eine erste Erkundung habe bereits im Januar stattgefunden, erklärt Höller. Die konkreten Zahlen werden erst in Rücksprache mit der Stadt veröffentlicht. Soviel verrät die Forscherin der WZ aber vorab: Neben dem seltenen Großen Mausohr wurden auch Wasserfledermäuse entdeckt. „Die sieht man im Sommer auch schon mal an der Wupper“, erklärt Höller.
Bis zum Frühlingsbeginn werden die Fledermäuse im Tunnel überwintern — dann suchen sie sich wärmere Sommerquartiere. „Bis dahin kann jede Störung für die Tiere tödlich sein“, warnt Stallach. Denn in der Winterruhe sei der Kreislauf der Fledermäuse heruntergefahren, um Energie zu sparen. Jede Störung verbrauche unnötig Fett: „Deshalb ist der Tunnel Schee im Winter auch zugesperrt.“