Wuppertal Bei der VHS geht jetzt der Hut herum

Die Volkshochschule lässt die Besucher bei Veranstaltungen über Politik selbst entscheiden, was ihnen der Abend wert ist.

Foto: Christian Beier

Wuppertal. Ab dem Sommersemester wird es an der Bergischen Volkshochschule (VHS) Veranstaltungen nach dem Prinzip „Pay what you want“ (zahle, was du willst) geben. „Wir werden das ab Februar bei ausgewählten Veranstaltungen einführen“, sagt Detlef Vonde, Leiter des Fachbereichs Politik, Geschichte und Umwelt. Geplant ist es bei rund einem Dutzend Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen in seinem Bereich.

Foto: Anette Hammer

An der Abendkasse werde dann ein Mitarbeiter nicht Geld annehmen, sondern nur diese neue Form erklären. An der Veranstaltung kann also jeder teilnehmen, auch ohne zu zahlen. Erst hinterher gibt es Gelegenheit, einen Obolus zu leisten. „Ein Hut wäre tatsächlich charmant“, räumt Detlef Vonde ein, passe aber besser zu bestimmten Kulturveranstaltungen. In der VHS wird es eine nüchterne Box die Rolle des Huts übernehmen. In diese dürfen Besucher die Summe einwerfen, die ihnen gerechtfertigt scheint.

Udo Bente, kaufmännischer Leiter der VHS, erklärt: „Damit setzen wir konsequent eine Entwicklung fort, die wir mit den Bildungsgutscheinen für die Wuppertaler Tafel ja bereits deutlich gemacht haben: Wir wollen nicht nur über ,Bildung für alle’ reden, wir wollen sie tatsächlich ermöglichen.“

Detlef Vonde ergänzt: „Gerade in der politischen Bildung sollten die Menschen nicht noch ‚draufzahlen’, wenn sie sich zu ‚Botschaftern des demokratischen Systems’ weiterbilden oder die Fähigkeit zu differenzieren auch in einer Zeit bewahren möchten, die verstärkt nach einfachen Antworten auf komplexe Probleme schielt.“

Er weist darauf hin, dass für manche selbst der Eintritt von sechs Euro zu viel ist: Für Menschen, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind, sei nur 1,56 Euro pro Monat für Bildung vorgesehen. Mit Angeboten für den kleinen Geldbeutel nähere sich die VHS wieder ihren Anfängen: „Damals hatten wir einen höheren Anteil an Arbeitern“, so Vonde. Heute sei der typische VHS-Besucher eher weiblich, älter und komme aus der Mittelschicht.

Professor Hans J. Lietzmann, Politikwissenschaftler an der Universität, findet es „eine großartige Idee“, Überlegungen anzustellen, wie politische Bildung auch andere Gruppen erreichen könnte. Denn die Wahlbeteiligung sei in der Mittelschicht gleichbleibend, sinke dafür aber bei den bildungsfernen und ärmeren Schichten doppelt stark: „Sie fühlen sich nicht wahrgenommen, und sie beteiligen sich nicht mehr.“

Er hat aber ermutigende Erfahrungen bei Bürgerbeteiligungsprozessen gemacht: Dabei würden Menschen übers Meldeamt per Zufall ausgewählt. Wenn darunter solche sind, die sich sonst abgehängt fühlen, blieben diese auch in der Folge an Politik interessiert. Von daher empfiehlt er „aufsuchende politische Bildung“.

Das ist auch bei der VHS schon Thema: „Wir müssen uns noch mehr Dinge einfallen lassen“, weiß Detlef Vonde. „Wir müssen mehr in die Stadtteile gehen, noch mehr bei den Bürgerbeteiligungsprozessen präsent sein.“

Das neue Verfahren mit dem selbst gewählten Eintritt werden sie jetzt beobachten und nach dem Semester Bilanz ziehen. Schon bisher kämen mehr Besucher zu kostenlosen Veranstaltungen. „Ich bin wirklich gespannt“, sagt er. Und er arbeitet daran, dass die VHS dieses Angebot künftig bei besonderen Formaten wie etwa der Politischen Runde anbieten kann. “ Meinung Seite 16