Verkehrswende Bergische Universität Wuppertal verfasst Studie zum Tempolimit
Wuppertal · Forscher der Bergischen Universität in Wuppertal haben eine Studie zum Tempolimit auf deutschen Autobahnen entwickelt. Die Wissenschaftler kritisieren die Berechnungen zur CO2-Einsparung des Umweltbundesamts.
Wissenschaftler der Bergischen Universität Wuppertal bringen sich in die Debatte um Tempolimits auf deutschen Autobahnen ein. Mit anonymisierten Daten haben die Wissenschaftler des Lehr- und Forschungsgebietes für Güterverkehrsplanung und Transportlogistik der Uni analysiert, mit welchen Geschwindigkeiten Autofahrer auf Abschnitten ohne Tempolimits unterwegs waren. Tim Holthaus, der an der Studie beteiligt war, erklärt, dass damit die bisherige Diskussionslage reflektiert werden soll. Denn die sei angesichts der heutigen Möglichkeiten „nicht faktenbasiert genug“, so Holthaus.
Ende Februar hatte das Umweltbundesamt (UBA) Berechnungen veröffentlicht, nach denen bei einer Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h auf deutschen Autobahnen 1,9 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden könnten. Holthaus kritisiert aber, dass die genutzte Methodik nicht dem aktuellen Stand entspräche. Er sagt, heute habe man mehr Daten als die, die das Umweltbundesamt verwendet habe. Diese sollten auch genutzt werden.
Die Studie von Holthaus und seinen Kollegen Claus Goebels und Bert Leerkamp basiert auf Daten aus Navigationsgeräten (Floating Car Data), die in geringen Zeitabständen die Geschwindigkeit der sendenden Autos erfassen. Somit kann das Geschwindigkeitsverhalten eines Fahrzeuges über die gesamte Fahrt und nicht nur an einzelnen Punkten (Dauerzählstellen) beobachtet werden.
Der Studie zufolge lassen sich Strecken in Ballungsräumen und Strecken auf dem Land unterscheiden. Und daraus ergibt sich, dass auf 75 Prozent der Strecken im Durchschnitt nicht schneller als 130 km/h gefahren wird – die Mehrheit der restlichen 25 Prozent der Strecken haben eine Durchschnittsgeschwindigkeit von maximal 150 km/h.
Höhere Geschwindigkeiten meist nur im ländlichen Raum
Höhere Durchschnittsgeschwindigkeiten würden im Wesentlichen nur auf Strecken im ländlichen Raum erreicht. Kurzfristige Spitzengeschwindigkeiten, die weit über 130 km/h liegen, würden außerhalb der Ballungsräume gefahren, wobei die Geschwindigkeiten im ländlichen Raum meist höher seien. In Ballungsgebieten sei das aufgrund des Verkehrsaufkommens oder des Ausbaustandards kaum möglich. Holthaus meint etwa kurze Strecken zwischen Auffahrten.
Werden statt der durchschnittlich gefahrenen Geschwindigkeit auf der Strecke die einzelnen Fahrzeuge verfolgt, zeige sich, dass nur 21 Prozent dieser auf unbeschränkten Strecken im Durchschnitt schneller als 130 km/h fahren. „Jeder kennt das. Meistens schwimmt man im Verkehrsfluss mit, aber ab und an wird das Gaspedal zum Überholen gedrückt.“
Holthaus erklärt, dass die Wissenschaftler daraus keine inhaltlichen Forderungen in die Debatte bringen - aber methodische. Denn aus ihren Erkenntnissen leite sich ab, dass das Verhalten der Fahrer viel mehr an den Gegebenheiten der Straße liege als an den Beschilderungen. Wer lange, breite, freie Strecken habe, der rase eben eher, so Holthaus. Das Umweltbundesamt gehe hingegen davon aus, dass das Verhalten der Fahrer rein am angeordneten Tempolimit hänge. „Wenn das unterstellt wird, wird ein Fehler gemacht“, findet Holthaus.
Aus Sicht der Sicherheit plädiert er dafür, die Geschwindigkeitsbegrenzungen den Gegebenheiten der Straßen anzupassen und bisher geltende Regeln konsequenter umzusetzen - so sollten lange, gerade Strecken oder kurvige und schlecht einsehbare Strecken generell nicht ohne Tempolimit sein, schon nach jetzigen Standard.