Binder: „Die Entscheidung des Beirates ist ein fatales Zeichen“

Die Intendantin des Tanztheaters Pina Bausch wehrt sich mit offenem Schreiben gegen die Kündigung.

Foto: Anna Schwartz

Adolphe Binder hat ihr Schweigen gebrochen und schlägt zurück. Nachdem der Beirat der Tanztheater Wuppertal Pina Bausch GmbH am Freitag die Trennung von ihr ausgesprochen und die außerordentliche Kündigung auf den Weg gebracht hatte, trat die Intendantin am Wochenende mit einem offenen Brief in die Öffentlichkeit. Darin drückt sie ihr Bedauern über die Entscheidung aus und wehrt sich: Die gegen sie erhobenen Vorwürfe seien „unhaltbar und rechtfertigen keine Kündigung“. Die Entscheidung des Beirates sei ein „fatales Zeichen“. Sie wolle die Arbeit mit dem Tanzensemble weiterführen und sei „deshalb nicht auf das Verlangen der Stadt und der Geschäftsführung, die schon seit Monaten eine Vertragsauflösung von mir fordern, eingegangen“.

Am Freitag war Adolphe Binder mit Mitgliedern des Tanzensembles von einer Tournee nach Wuppertal zurückgekehrt, die sie nach Amsterdam, Oslo und zuletzt Paris geführt hatte. Ende einer Spielzeit, die, so Binder, „trotz enormer Hindernisse und fehlender Unterstützung durch die Geschäftsführung“ zwei Uraufführungen, die „in der internationalen Szene großen Zuspruch gefunden haben“, hervorgebracht habe. Die Neueinstudierungen, neue Formate und Programmreihen, die Gewinnung neuer Partner und Mittel beinhaltete.

Arbeit und Werk Pina Bauschs lebten, seien vital und würden bereichert. Das Ensemble habe seine Weltgeltung behauptet, man habe sich der nächsten Generation zugewandt und der Stadt geöffnet. Die Auslastung liege bei über 90 Prozent, die internationalen Metropolen seien begeistert. Gerade sei das Ensemble für die Bessie Awards für die neubesetzte Frühlingsopfer-Produktion in New York benannt worden, weitere Nominierungen folgten.

Auch die Atmosphäre im Ensemble, einer der Kritikpunkte, sei bestens: Man habe stets „erfolgreich und mit großem Respekt füreinander zusammengearbeitet“: „Ich bin stolz darauf, dass es mir gelungen ist, gemeinsam mit der Tänzerschaft, dem Repertoireteam, den Probeleitern etc. eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich Führungskompetenz mit kreativer Teamarbeit verbunden hat.“

Zum Vorwurf des fehlenden Spielplans für 2018/19 schreibt Binder, dass sie diesen bereits im vergangenen Jahr erstellt habe, dieser der Geschäftsführung seit Monaten und auch dem Beirat seit Juni vorliege.

Besonders hart geht die 49-Jährige mit Geschäftsführer Dirk Hesse ins Gericht. Er habe ihre Position nie akzeptiert, sie nicht in Entscheidungsprozesse einbezogen, habe sich nicht um künstlerische Qualität, sondern um die Demonstration seines Weisungsrechts gekümmert.

Binder erhebt hier auch strukturelle Vorwürfe: So solle die Intendanz zwar allein über künstlerische Angelegenheiten befinden, „sämtliche Kompetenzen“ jedoch lägen bei der Geschäftsführung. „Ein ungeregelter und sich widersprechender Zustand“, den die Stadt als Eigentümerin des Tanztheaters dulde. Und den sie nicht durch eine (jetzt in Aussicht gestellte) Neustrukturierung vor ihrer Berufung behoben habe.

Nun aber solle nicht die Kunst (Tanzensemble und Intendanz) den erfolgreich begonnenen Weg fortsetzen, sondern die kaufmännische Geschäftsführung bestimme die künstlerische Zukunft. „Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.“