Offen gesagt Bürgerbeteiligungsbürokratie
Das ist also aus der Idee geworden, die Bürger in Wuppertal mehr an politischen Entscheidungsprozessen zu beteiligen: ein neuer Dezernent ist mit einem Professor der Uni in der Stadt unterwegs, referiert über Leitlinien und Prozesse, wirbt darum, dass Wuppertaler sich auf irgendeiner Internetseite registrieren, um dann Mitglied eines Clubs werden zu können, der eben jene Leitlinien erarbeitet, nach denen alle anderen Wuppertaler dann irgendwann einmal irgendwie beteiligt werden.
Ja, geht’s noch?
Nein, es geht nicht. Denn während der neue Dezernent und sein befreundeter Professor viele Worte machen, um wenig zu sagen, fragen sich einige der zu beteiligenden Bürger, wie es denn wohl mit ihren Anliegen weitergehen soll. Als da wären die Anwohner der Kleinen Höhe oder auf Lichtscheid. Sie wissen nicht, ob der Kelch an ihnen vorübergeht, oder ob das Land NRW ihnen eine Haftanstalt für psychisch kranke Straffällige vor die Türen baut.
In der Elberfelder Südstadt fragen sich Reihenhäuslebauer, Studenten und Bedienstete der Universität, ob sie irgendwann eine Seilbahn ertragen müssen beziehungsweise benutzen dürfen.
Während die Forensik Landessache ist, aber zumindest erfordert, dass die möglichen Anwohner sich von ihrer Stadt verstanden und begleitet fühlen, ist die Sache mit der Seilbahn ein Fall für den Dezernenten für Bürgerbeteiligung. Doch der schweigt stille, es sei denn, er ist gerade in einer Bürgerversammlung, wo er nicht verstanden wird, weil er immer noch nichts Konkretes zu sagen hat. Das ist unbefriedigend. Das Dezernat kostet die Steuerzahler übrigens etwa 300 000 Euro im Jahr. Das macht für die Dauer der Amtsperiode des Dezernenten 2,4 Millionen Euro. Nun ist ein Jahr um und außer Spesen nichts gewesen.
Dabei ist die Aufgabe doch gar nicht so schwierig. Es gibt zum Glück noch viele Wuppertaler, die sich nicht nur für ihre Stadt interessieren, sondern sich auch an Meinungsbildung beteiligen wollen. Dazu braucht es keine Online-Anmeldungen, keine Leitlinien, sondern nur ein ganz kleines bisschen Einsatz. Ernst-Andreas Ziegler, der ehemalige Leiter des Presseamtes, hat seinerzeit regelmäßig die Schreiber von Leserbriefen an die Zeitungen in Wuppertal ins Rathaus eingeladen. Dort erklärten ihnen Amtsleiter und Dezernenten, warum Entscheidungen wie getroffen wurden. Es kam auch vor, dass die Stadt von ihren Bürgern lernte. Das war Beteiligung, analog, aber effektiv.
Nun ist die Rede von Leitlinien und Prozessen. Aber die Leute in der Südstadt wollen keine Prozesse, sie wollen, dass ihre Argumente gegen eine Seilbahn gehört werden und in die Entscheidung einfließen.
Je komplizierter ein Verfahren ist, desto größer wird die Gefahr, dass sich doch wieder nur Experten mit Experten unterhalten. Die mögen dann zwar Bürger sein, die Bürgerschaft repräsentieren sie aber nicht. Deswegen wären Rat und Stadtverwaltung gut beraten, über dieses Thema noch einmal nachzudenken, ideologiefrei und mit dem Mut zur Einsicht. Es ist wichtig, Wuppertaler am Werden ihrer Stadt teilhaben zu lassen. Mit Bürgerbe teiligungsbürokratie wird das allerdings nichts.