Corona-Krise spitzt sich in Wuppertal zu OB Andreas Mucke richtet zum Abschied Appell an die Wuppertaler
Wuppertal · Am Montagmorgen verzeichnete die Stadt Wuppertal 571 mit dem Coronavirus infizierte Personen. Das ist ein Anstieg um 50 Prozent innerhalb einer Woche. Eine Entwicklung, die das Gesundheitsamt, das Ordnungsamt, das Service-Center und die Kliniken an die Grenzen der Belastbarkeit bringt.
Von einer weiteren Verschärfung der Schutzauflagen sieht der Krisenstab der Stadt Wuppertal dennoch vorerst ab. Allerdings sollen Verstöße gegen die Maskenpflicht in den Fußgängerzonen ab sofort konsequenter geahndet werden. Auf dem Parkplatz hinter dem Brauhaus in Barmen wurde am Montag eine weitere Corona-Teststation in Betrieb genommen, wo täglich bis zu 300 Tests vorgenommen werden können.
Bereits in der vergangenen Woche hatte der Krisenstab neue Schutzauflagen verfügt und bestehende Anordnungen verschärft. In den kommenden Tagen soll nun beobachtet werden, ob diese Maßnahmen ausreichen, den rasanten Anstieg der Neuinfektionen zu stoppen. Gelingt dies nicht, ließen sich die Infektionsketten nicht mehr lückenlos verfolgen und die Stadt würde eines der wichtigsten Instrumente gegen die Ausbreitung der Pandemie aus der Hand geben.
Für Oberbürgermeister Andreas Mucke endet am 31. Oktober seine fünfjährige Amtsperiode mit der bitteren Erkenntnis, dass Wuppertal die Corona-Krise noch lange nicht überstanden hat. „Ich erwarte von allen, dass sie Abstand halten, Maske tragen und lüften - das sind ganz einfache Dinge im Vergleich zu dem, was uns drohen wird, wenn sich das Virus weiter so schnell ausbreitet“, sagt Andreas Mucke und kündigt schärfere Kontrollen der Maskenpflicht an. „Das haben wir in den ersten Tagen noch großzügig gehandhabt. Es kostet verdammt viel Geld, wenn man sich nicht an die Regeln hält. Bisher haben wir 1500 Bußgeldbescheide mit rund 400 000 Euro an Bußgeldern verteilt“, so Mucke. Die Zahl der Kontrollen hat sich seit Sommer deutlich erhöht. Die Macht der Kontrolleure ist allerdings begrenzt. Ordnungsdezernent Matthias Nocke verweist darauf, dass die Mitarbeiter von Ordnungsamt und Berufsfeuerwehr seit Monaten an der Grenze ihrer Belastbarkeit sind.
Gesundheitsvorsorge
in Wuppertal ist am Limit
Johannes Slawig, Leiter des Krisenstabs, sagt: „Wir stehen kurz davor, die Kontrolle zu verlieren und laufen manchmal schon der Entwicklung hinterher. Das System der Gesundheitsvorsorge in der Stadt ist an der Grenze angekommen. Das gilt für das Gesundheitsamt, das Ordnungsamt, das Service-Center und die Kliniken, die mit 80 Covid-19- Patienten steigende Fallzahlen melden.“ In dieser Phase komme es darauf an, die Nerven zu bewahren und abzuwarten, ob die bisher getroffenen Verfügungen Wirkung zeigten, so Slawig.
Mit dem ersten Schultag nach dem Ende der Herbstferien kommen neue Aufgaben und Belastungen hinzu. Die Schulen haben sich zwar in der Pandemie bisher nicht als Virenschleudern erwiesen, sie sind aber auch alles andere als coronafreie Zonen. Seit den Sommerferien waren 50 Wuppertaler Schulen von Coronafällen betroffen. An jedem Tag werden zudem im Schnitt fünf Fälle gemeldet, in denen in städtischen Kitas oder in Kitas in privater Trägerschaft bei Kindern, Erzieherinnen oder Eltern bestätigte Infektionen auftreten.
„Wir haben in Wuppertal wie in den meisten anderen Städten keine Massenausbrüche zu verzeichnen, die auf ein einziges Ereignis oder ein einziges Unternehmen zurückzuführen sind. Es handelt sich stattdessen um Fälle, von denen die unterschiedlichsten Milieus und Altersgruppen betroffen sind“, sagt Gesundheitsdezernent Stefan Kühn. Er begrüßt, dass das Land NRW nun bei der Maskenpflicht für Schüler im Unterricht auf weiterführenden Schulen nachgezogen habe. Die Empfehlung, Masken auch während der Unterrichtsstunden zu tragen, hatte die Stadt schon vor einigen Wochen abgegeben.
Den Handlungsrahmen der Stadt in Bezug auf die kommunalen Corona-Schutzauflagen hält Kühn momentan für ausgeschöpft. Wie auch Johannes Slawig ist er davon überzeugt, dass bei einer weiteren Verschärfung der Lage eine bundesweite Strategie erforderlich sei.
Dass die höhere Zahl der Testungen der entscheidende Faktor für den steilen Anstieg der Fallzahlen sein könne, weist Stefan Kühn entschieden zurück. Während im Sommer 0,6 Prozent aller Tests positiv ausgefallen seien, liege der Anteil der positiven Tests inzwischen bei 3,6 Prozent.
Die hohe Zahl der Tests habe einen gegenläufigen Effekt. So würden in Wuppertal in Pflegeeinrichtungen nun alle 14 Tage Reihentests vorgenommen. Es werden regelmäßig bei 6500 Beschäftigten und 11 500 Bewohnern Abstriche genommen, die keine Symptome aufweisen. „Die Pflegeheime sind glücklicherweise ein Bereich, wo wir zurzeit fast ausschließlich negative Testergebnisse erwarten können. Gerade in Altenheimen ist aber jeder einzelne Befund total wichtig“, sagt Stefan Kühn.