Das Ikea-Gutachten überzeugt die Händler nicht
Das Einzelhandelsgutachten bescheinigt dem Projekt Unbedenklichkeit. Trotzdem ist das Misstrauen groß.
Barmen. Wenn Ikea nach Wuppertal kommt, veröden die Innenstädte — das fürchten besonders die Einzelhändler. Die Stadt stellte dagegen ein Gutachten vor, dem zufolge das Projekt die Innenstädte kaum beeinträchtigen würde. Rund 60 Bürger kamen am Mittwochabend ins Haus der Jugend Barmen, um darüber zu diskutieren — mit der Verwaltung, den Gutachtern und Ikea-Vertretern. „Es ist noch nicht alles in Stein gemeißelt“, sagte Jochen Braun vom Ressort Bauen und Wohnen der Stadt. Das Gespräch sei der erste Schritt, um die Wuppertaler in die Planung einzubeziehen — ergebnisoffen, wie Braun sagte. Genau das zweifelten die Vertreter von Einzelhandel und Bürgerinitiativen mehrheitlich an.
„Der Stadt würde es gut stehen, sich nicht zum hundertprozentigen Lobbyisten von Ikea zu machen“, sagte Georg Dalchow vom Rheinischen Einzelhandels- und Dienstleistungsverband. Die Debatte drehte sich vor allem um das Einzelhandelsgutachten, das Ikea bescheinigt, für die Innenstädte in der Region verträglich zu sein. Der Grund: Das an Ikea angeschlossene Fachmarktzentrum werde größtenteils Produkte verkaufen, die in den Innenstädten eine kleine Rolle spielen.
Umsatzrückgänge prognostiziert das Gutachten für Wuppertals Innenstädte nur in geringem Umfang. In Barmen wird der größte Umsatzrückgang, etwa 1,5 Millionen Euro, in der Elektronikbranche prognostiziert. In Elberfeld sind mit 3,5 Millionen Euro Umsatzminus vor allem Sportgeschäfte betroffen — das wäre ein Einbruch der Einnahmen um 20 Prozent. Deswegen empfehlen die Gutachter, in dem Fachmarktzentrum vor allem größere Sportgeräte (Fitness, Ski, Camping) zu verkaufen und im Elektronikbereich die Verkaufsfläche zu reduzieren.
Die Angst der Einzelhändler vor weniger Kunden war dennoch deutlich zu spüren. „Wir wissen, dass jeder, der zu uns in die Innenstadt kommt, ganz, ganz wichtig ist“, sagte Dalchow. Schon das von dem Gutachten prophezeite Umsatzminus hätte massive Auswirkungen für die Händler. Gutachter Stephan Holl argumentierte anders: „Wer Ikea in Düsseldorf besucht, geht bei schönem Wetter mit relativ hoher Wahrscheinlichkeit hinterher auch auf die Kö“, sagte er, woraufhin die Zuhörer protestierten. Ohnehin stieß das Gutachten auf Skepsis: „Wir können diese Zahlenspiele nicht kontrollieren und auch nicht verstehen“, sagte Besucher Armin Overbeck.
Kritische Nachfragen musste auch Ikea-Vertreter Rainer Bastians beantworten. Das Unternehmen werde in Wuppertal auf jeden Fall Gewerbesteuer zahlen, sagte er. Erst nach mehreren Nachfragen ließ er sich auf eine siebenstellige Summe „im unteren Bereich“ festlegen. Fragen, ob Ikea auch ohne Fachmarktzentrum realisierbar sei, verneinte Bastians.