Oper Der junge Werther leidet in Wuppertal
Dirigent John Nelson eröffnet mit der Oper zu Goethes berühmtem Roman die Spielzeit.
Von Hartmut Sassenhausen
„Carmen, Pelléas et Mélisande und Werther sind die größten.“ Dabei geht es um die Bühnenwerke von Georges Bizet, Claude Debussy und Jules Massenet, die Dirigent John Nelson für die wertvollsten der französischen Opernliteratur hält. Seit über einer Woche ist er nun in Wuppertal, um letztere einzustudieren. Am Samstag wird sie in der Stadthalle um 19.30 Uhr konzertant auf die Bühne gehoben. Damit läutet die Wuppertaler Oper ihre neue Spielzeit ein.
Gerade der Werther wurde in Deutschland früher selten gespielt. Es heißt, man wollte Johann Wolfgang von Goethes Klassiker nicht beschädigen. Denn was Massenet sowie seine Librettisten Édouard Blau, Paul Milliet und Georges Hartmann aus seinem Original gemacht haben, unterscheidet sich davon stark. Doch das ist Schnee von gestern.
In Goethes „Die Leiden des jungen Werther“ geht es um den wohl berühmtesten Selbstmord in der Literaturgeschichte. Daraus machte Massenet eine lyrische Oper. Werther gibt sich an Heiligabend die Kugel und stirbt hier im Gegensatz zum Briefroman in den Armen von Charlotte. Die Musik spiegelt die mannigfaltigen Stimmungen und Atmosphären wieder. Die großen Duette des liebeskranken Werther und der von ihm angebeteten Charlotte rühren an, unter anderem wegen der sinnlichen Klänge.
Nelson freut sich riesig, das Stück zum ersten Mal in Deutschland dirigieren zu dürfen. In Wuppertal war er auch noch nicht. Er schwärmt von den Sängern und dem Sinfonieorchester Wuppertal, lobt explizit den Konzertmeister Yusuke Hayashi. „The cast is fantastic“ (die Besetzung ist fantastisch), so seine Worte.
In Frankfurt habe er einmal ein Orchester erlebt, das steif gespielt habe. Von den Wuppertaler Sinfonikern ist er hingegen „very impressed“ (sehr beeindruckt). Sie musizieren „delicately in a french style“ (delikat im französischen Stil). Er spricht von „first class voices“ (erstklassigen Stimmen), als die Sprache auf die beiden Protagonisten Sangmin Jeon (Werther) und Catriona Morison (Charlotte) kommt. Die Proben mit den Sängern, dem Kinderchor und dem Orchester seien bisher „fantastic“ (fantastisch) gelaufen.
Nelson, 1941 in Costa Rica geboren, gilt als Spezialist auf dem Gebiet der französischen Oper. Wie er der WZ erzählt, fing das im Alter von 30 Jahren an, als er seinen ersten Erfolg mit der Aufführung der Oper „Les Troyens“ (die Trojaner) von Hector Berlioz hatte. Von der Carnegie Hall, über Genf nach Lyon ging seine Reise mit dem Stück. Dann habe er alle Opern von Berlioz dirigiert. Er fühlt sich „comfortable with that style“ (ein Wohlgefühl mit diesem Musikstil). Und so ging es mit dem französischen Musiktheater weiter.
Er hat verständlicherweise überhaupt kein Problem damit, die Oper konzertant aufzuführen. Denn Massenets klanglich fließender Strom aus französischer Eleganz und drängender Dramatik kann auch ohne Bühnengeschehen auskommen. Die Musik, die bei einer richtigen Inszenierung von und hinter der Bühne kommt, gibt es auch in der Stadthalle. Es gäbe keine Schwierigkeiten damit, so Nelson.
Statisch soll die Aufführung dennoch nicht vonstattengehen. Die Sänger werden nicht einfach nur herumstehen und ihre Partien vortragen, sondern sich auf der Bühne bewegen. Karin Kotzbauer-Bode zeichnet für die szenische Konzeption verantwortlich. Außerdem gibt es etwas fürs Auge: Bewegte Bilder von den Videokünstlern Momme Hinrichs und Torge Møller von „fettFilm“ werden zu sehen sein.