Der Literat und der Stummfilm

Uni zeigt „Fräulein Else“ nach einem Stoff Arthur Schnitzlers.

Wuppertal. Das akademische Viertel gilt auch für beim Stummfilm in der Stadthalle — denn sowohl der Live-Pianist Joachim Bärenz als auch die Professorin Ursula von Keitz, die die Einführung hält, stecken in der Bahn und im Stau fest. Dann jedoch gibt es im Rahmen einer Internationalen Tagung anlässlich des 150. Geburtstags von Arthur Schnitzler an der Bergischen Universität einen beeindruckenden Filmabend. „Wir wollten rausgehen aus der Uni“, erklärt Gastgeber Wolfgang Lukas, warum der Film von 1929 im schönen und gut gefüllten Mahler-Saal gezeigt wird.

„Arthur Schnitzler hat sich sehr für den Film interessiert, ging fast jeden zweiten Abend ins Kino, und ist einer der Autoren, die am meisten verfilmt wurden“, erläutert Ursula von Keitz und stellt den Autor als „gewieften Eigen-Adapteur seiner Stoffe“ vor. Auch am Drehbuch des Films „Fräulein Else“ habe er anfangs mitgewirkt. Leider sei seine Drehbuch-Fassung bisher nicht auffindbar. Der Stummfilm wurde erst wieder zugänglich, als der Kultursender Arte vor kurzem eine restaurierte Fassung schuf.

Mit fröhlichen Festszenen in wohlhabendem Ambiente führt der Film Elses Familie ein — dazu und zu anderen Szenen trifft Pianist Joachim Bärenz trifft immer genau die passende Atmosphäre. Er spielt zum Schubert-Duo im Film eine klassische Klavierbegleitung, Tanzmusik zum Ballsaal, schwelgt, zögert und leidet mit Else. Diese wird als fröhliches, kindliches Mädchen gezeigt, das dem Vater in inniger Zärtlichkeit auf den Rücken springt, Butterbrot knabbert und munter mit ihrer Handtasche herumschlenkert. Dunkel grollt das Klavier, als Else erfährt, dass der Vater Mündelgelder veruntreut hat und diese nun nicht zurückzahlen kann.

Ohne einen Moment der Unsicherheit baut Bärenz Spannung auf und hält diese auch über die langen Szenen, in denen Else zögernd dem reichen Dorsday folgt. Dieser soll den Vater mit einem Darlehen retten und fordert dafür, Else nackt zu sehen. Mit leichter Hand macht der Pianist Elses Zerrissenheit und Verzweiflung deutlich, die schließlich in einem spektakulären Auftritt in der Bar und gleichzeitigem Suizid endet.

“ Die Wuppertaler Germanisten Wolfgang Lukas und Michael Scheffel arbeiten gerade an einer digitalen historisch-kritischen Edition von Schnitzlers Spätwerk. Das Projekt ist auf 18 Jahre angelegt und wird mit 4,9 Millionen Euro gefördert.