Stadtgeschichte Ein riesiger Kanal unter der Erde

Wuppertal · Die Baustellen für den Wuppersammler bremsten jahrelang den Verkehr auf der B7. Jetzt fließt das Wasser problemlos.

Foto: kurt keil

Nach dem Unwetter Ende Mai kamen dem einen oder anderen ein paar Zweifel: Ist der Wuppersammler etwa nicht groß genug? Schließlich war das Kanalsystem eindeutig überfordert. Doch die Experten sagen, für dieses Wetter könnte kein Kanal groß genug sein. Und der Wuppersammler hat seine Aufgabe erfüllt. Mit ihm hat die Stadt ihren Untergrund fit für die Zukunft gemacht.

Mehr als zehn Jahre, von 1990 bis 2001, dauerte der Bau des Hauptkanals zwischen Altem Markt und Rutenbeck, in den Folgejahren wurden die Zuläufe erneuert. Mehr als 100 Millionen Euro wurden investiert. 9,7 Kilometer ist die riesige Röhre durchs Tal insgesamt lang die 2 bis 2,60 Meter Durchmesser hat.

WZ-Fotograf Kurt Keil erinnert sich, dass er sich trotzdem beengt fühlte, als er bei diversen Presseterminen fertige Röhrenabschnitte besichtigen durfte. „Je weiter man sehen konnte, desto enger sah es aus“, erinnert er sich. Für ihn war es eine Herausforderung, mehrere hundert Meter weit unter der Erde zu laufen.

Nötig war der neue Kanal aus zwei Gründen. Zum einen hatte der historische Kanal zwischen Barmen und Elberfeld, erbaut vor mehr als 100 Jahren, zu viel Gefälle. Das Wasser schoss selbst bei niedrigem Wasserstand mit hohem Tempo durch den Tunnel, was ein Betreten höchst gefährlich machte. Reparaturen waren kaum möglich. Hätte es Schäden gegeben, wären schnell große Mengen Abwasser in die Wupper geflossen.

Kurt Keil hat auch den alten Kanal von innen gesehen und erinnert sich an die Gefahren. „Der war noch gemauert, das war kein Beton“, betont er. Das Wasser sei in einer Rinne in der Mitte geflossen, daneben habe es eine Art „Bürgersteig“ gegeben. Die Rinne sei extrem glitschig gewesen, weshalb Menschen, die den Kanal betraten, per Seil miteinander verbunden worden seien. „Die wussten, wenn da jemand reinfällt, kann der sich nicht mehr halten.“

Der zweite Grund für den Neubau war, dass bis dahin das Oberflächenwasser in die Wupper floss - auch von den Uferbereichen, wo noch immer viele Unternehmen mit wasserschädlichen Stoffen arbeiteten. Bei Unfällen und großen Regenfällen auf den Betriebsgeländen landeten diese Stoffe in der Wupper - was wiederholte Male den Fischen im Fluss den Garaus machte.

Nach zahlreichen Untersuchungen des Untergrunds, der Niederschlagsmengen und der Regenwasserwege in die Wupper berechnete die Stadt schließlich Anfang der 80er Jahre, was für ein Abwassernetz künftig nötig sein würde. Zum Konzept gehörte auch der Wuppersammler. 1990 konnte der Bau starten.

Der Kanal verläuft tief unter der B7 - etwa zehn bis 15 Meter unter dem Straßenniveau - und damit auch unter dem Niveau des alten Kanals. Gegraben haben ihn unterirdische Maschinen, die sich durch die Erde bohrten. Sie wurden an mehreren Stellen in Gruben hinabgelassen, um sich von dort den Weg zu bahnen. Als der Wuppersammler fertig war, konnten der alte Kanal und weitere Zuflüsse saniert werden.

Eingebaut wurde auch eine automatische Steuerung, die bei Starkregen verhindert, dass vergleichsweise sauberes Regenwasser schmutziges Abwasser aus dem Wuppersammler verdrängt.

Das neue Kanalnetz hat sich bewährt, auch beim Starkregen vom Mai 2018. Denn der hat vergleichsweise wenig Schäden in dem unterirdischen Bauwerk verursacht.