Offen gesagt Die linke und die rechte Hand

Wuppertal · In Städten wie Köln, München, Hamburg, Berlin und selbst in Düsseldorf wäre diese Nachricht eine Sensation gewesen. Ein Parkhaus mitten im Zentrum und niemand will es betreiben. Das ist bemerkenswert vor dem Hintergrund, dass in den Metropolen dieser Republik Eigentümer von Hochgaragen Millionen von Euro gleichsam im Sitzen verdienen.

Wuppertal

Foto: yes/Schwartz, Anna (as)

In Wuppertal scheint auch das anders zu sein. Warum? Weil offenbar die linke Hand nicht weiß, was die rechte Hand tut. Weil anscheinend keiner, der im Rathaus für Stadtplanung zuständig ist, die Dinge vom Anfang bis zum Ende denkt. Und wenn, dann nehmen die Gedanken in der Zwischenzeit teils seltsame Umwege. So war es, als der modernisierte Wall zunächst vom Autoverkehr freigehalten werden sollte, weil Visionäre in ihm die Königsallee Wuppertals sahen. So war es, als Phantasten meinten, sie müssten am neuen Döppersberg die teuerste Fahrradgarage der Welt bauen. Heute fahren wieder Autos über den Wall und mehr noch, sie dürfen gar kostenlos dort abgestellt werden. Und das Fahrradparkhaus ist eine Phantasie geblieben, die nun Raum für neue Phantasien lässt. So funktioniert Stadtplanung in Wuppertal.

Und deshalb ist in dieser Stadt kein Geschäft, was andernorts Millionäre macht. Parkhäuser sind ein Klotz am Bein. Investoren sind froh, wenn sie keines bauen müssen. Aber sie mussten. Wie zum Beispiel jene, die das schöne Gebäude errichteten, in dem jetzt schnöde Textilien veräußert werden. Deren Parkhaus ist leer und bleibt leer. Es gibt ja niemanden, der es bewirtschaften will.

Warum nicht? Weil Überfluss den Preis verdirbt. Wenn ein Markt mit einer einst nachgefragten Ware überschwemmt wird, gehen die Verkaufserlöse in den Keller. Das ist eine simple Wahrheit, die vermutlich zur ersten Vorlesungsminute im ersten Semester eines jeden wirtschaftswissenschaftlichen Studiengangs gehört. Niemand, der sich mit Stadtentwicklung und Stadtplanung beschäftigt, muss zwingend auch Wirtschaftswissenschaften studiert haben. Und in diesem Fall reicht erst recht der gesunde Menschenverstand. Knappe Ware, viel Nachfrage, hoher Preis. Viel Ware, wenig Nachfrage, kein Umsatz. So einfach ist das, und so schwierig.

Nun hat Wuppertal unter dem Döppersberg, unter dem schmucken Gebäude für die je nach Geschmack schmucken bis ärgerlichen Textilien ein schmuckes Parkhaus, das auf unbestimmte Zeit unbenutzt bleiben wird. Denn um dieses schmucke Parkhaus herum, gibt es dermaßen viele Parkhäuser und Parkplätze, dass niemand, der in Wuppertal einkaufen und zu diesem Behelf mit dem Wagen ins Zentrum fahren will oder muss, je in Not käme.

Dieser nur scheinbar paradiesische Überfluss treibt irrsinnige Blüten. In einem Parkhaus an der Düsseldorfer Königsallee kostet es derzeit 3,50 Euro, sein Auto für eine Stunde abzustellen. Das Haus ist zu Stoßzeiten so frequentiert, dass es zwischenzeitlich geschlossen werden muss. Mitten in Wuppertal ist vor nicht allzu langer Zeit eine Palettengarage errichtet worden, von der aus der geneigte Kunde beinahe auf den Kassentisch eines jeden Einzelhändlers in der Innenstadt fallen könnte. Hier beträgt der Mietpreis drei Euro - allerdings pro Tag. Da drängt sich die Frage auf, ob jemand im Rathaus auch nur ansatzweise darüber nachdenkt, wie der Bedarf beispielsweise an Parkfläche tatsächlich ist.

Das alles erweckt den Eindruck großer Beliebigkeit. Entweder weiß die rechte Hand im Rathaus tatsächlich nicht, was die linke so treibt, oder es interessiert sie einfach nicht. Das Ergebnis ist eine Stadtentwicklung nach dem Zufallsprinzip. Während sich andere Kommunen, sogar Düsseldorf, Gedanken darüber machen, wie ruhender und fließender Individualverkehr zukunftstauglich organisiert werden können, lässt Wuppertal Parkflächen bauen - bevorzugt in der Innenstadt, wo niemand sie braucht. Dafür drehen in den Wohnvierteln immer mehr Menschen jeden Abend Ehrenrunden mit dem Auto, weil sich um deren Parksituation niemand kümmert.

Es ist offensichtlich höchste Zeit, dass die entscheidenden Personen im Rathaus die Hände aus den Hosentaschen nehmen und die linke Hand mit der rechten bekannt machen.