Universität Else Lasker-Schüler: Ein Werk, so bunt wie ein Orientteppich

Die Uni Wuppertal veranstaltet eine öffentliche Ringvorlesung zu Else Lasker-Schüler.

Antonius Weixler und Gabriele Sander organisieren die Ringvorlesung zu Else Lasker-Schüler.

Foto: Fischer, Andreas

„Maschentausendabertausendweit“ – ein fantasievoller Begriff, der an ferne Länder denken lässt. Und ein Neologismus, der dem 1910 entstandenen Gedicht „Ein alter Tibetteppich“ von Else Lasker-Schüler entstammt, der Künstlerin, die 2019 vor allem in Wuppertal in aller Munde ist. Veranstaltungen aller Art ziehen sich bereits seit Wochen unter dem Motto „Meinwärts“ durch die Stadt, in der sie vor 150 Jahren geboren wurde. Auch die Bergische Universität lässt es sich nicht nehmen, ein Format beizusteuern, das Else Lasker-Schülers künstlerisches Schaffen von verschiedenen Seiten beleuchten soll: Am 10. April geht unter besagtem klingenden Neologismus eine wöchentliche Ringvorlesung an den Start, die nicht nur für Studierende geöffnet ist.
„Es gibt eine lange Geschichte der Forschung zu Else Lasker-Schüler hier an der Uni“, so Dr. Antonius Weixler, der die Ringvorlesung gemeinsam mit Prof. Dr. Gabriele Sander organisiert. „Deswegen war es uns wichtig, dass wir sie zum von der Uni aus auch noch einmal wissenschaftlich aufgreifen.“ Ursprünglich habe die Veranstaltung nur alle zwei Wochen stattfinden sollen, doch dann hätten sich immer mehr Kollegen bereit erklärt, sich an dem Vorhaben zu beteiligen.

Der Zugang zu den Themenfeldern soll zwar auf wissenschaftlicher Ebene erfolgen, aber auch ohne Vorkenntnisse verständlich sein und somit eine „Gelenkstelle“ zwischen akademischem und normalem Publikum schaffen. Den Auftakt gibt Organisatorin Sander mit einem Überblick über das lyrische Werk Else Lasker-Schülers, für das sie, so Weixler, „eine renommierte Expertin“ ist: Erst vor drei Jahren gab sie bei Reclam eine Gedichtausgabe heraus.

Die insgesamt zwölf Redner stammen zu einem Großteil aus den eigenen Reihen der Bergischen Universität. „Wir haben allerdings auch drei ganz tolle Gastredner gewinnen können“, freut sich Weixler: Dr. Andrew Webber von der University of Cambridge, die der Uni Wuppertal auch durch ein Forschungsprojekt um Arthur Schnitzler verbunden ist, Dr. Ricarda Dick vom Literatur- und Kunstinstitut Hombroich und Dr. Rüdiger Görner von der Londoner Queen Mary University, „ein Star unseres Fachs“, wie Gabriele Sander betont. Dass diese großen Namen ihre Teilnahme sofort zugesagt haben, zeige den Stellenwert des Werks Lasker-Schülers, so Weixler.

Das Programm der Vortragsreihe soll das Gesamtwerk der Künstlerin exemplarisch abdecken. „Natürlich ist sie in erster Linie Lyrikerin, aber deswegen sollte man die anderen Texte nicht vernachlässigen“, gibt Sander zu denken. Neben ihren Gedichten steht unter anderem auch die Beschwerdeschrift „Ich räume auf!“ im Programm, in der Else Lasker-Schüler nicht nur mit ihren Verlegern abrechnet und verhandelt, was Kunst eigentlich ist, sondern zugleich ihre rhetorischen Fähigkeiten unter Beweis stellt. Für ihre oftmals provokative öffentliche Selbstinszenierung habe die Dichterin oftmals Gegenwind erhalten, so Gabriele Sander: „Sie musste allerlei aushalten.“ Auch biografische Romane, die das rätselhafte Leben der Künstlerin behandeln, kommen im Rahmen der Ringvorlesung zur Sprache. „Ihr Leben ist eine Projektionsfläche für Fiktion, weil man so vieles nicht genau weiß“, erklärt Sander.

Das schlägt sich auch in ihrem Verhältnis zu Zeitgenossen wie Gottfried Benn und ihrer Geburtsstadt Wuppertal nieder – Themen, die Prof. Dr. Andreas Meier und Ulrike Schrader von der Begegnungsstätte Alte Synagoge in ihren Vorträgen aufgreifen werden. Obwohl die Veranstaltung dem Fachbereich der Germanistik entspringt, werden nicht zuletzt auch die Musikpoetik sowie das bildkünstlerische Schaffen Else Lasker-Schülers beleuchtet.

Ein vielfältiges Werk, eben „maschentausendabertausendweit“ – ein Wort, das in Else Lasker-Schülers Gedicht nicht nur einen bunten Teppich beschreibt und damit den um 1900 beliebten Orientdiskurs aufgreift, sondern in poetologischer Manier auch den Text selbst als Gewebe charakterisiert. „Das macht sie auch zu so einer modernen Autorin, dieses Selbstreflexive“, so Gabriele Sander, die den Titel der Vorlesung nicht nur als Blickfang gewählt hat, sondern als Beschreibung von Else Lasker-Schülers Gesamtwerk.