Offen gesagt Kohlentender oder Salonwagen?

Meinung | Wuppertal · Am Samstag bestimmt die Wuppertaler CDU in der Historischen Stadthalle ihre Kandidaten für die Kommunalwahl am 13. September. Das ist abgesehen vom ungewöhnlich schönen Ort der Veranstaltung ein ziemlich normaler Vorgang - aber in diesem Jahr steht er unter besonderen Vorzeichen.

Die CDU Doppelspitze Ludger Kineke (l.) und Hans-Jörg Herhausen.

Foto: Fischer, Andreas H503840

Wuppertals Christdemokraten stellen die Weichen für die Zukunft ihrer Ratsarbeit. Das ist insofern bedeutend als diese Partei wie auch die SPD immer noch eine tragende Säule in der Politik dieser Stadt ist. Da ist die Frage schon interessant, mit was für einer Union Wuppertal es in den nächsten Jahren zu tun hat. Schreitet sie weiter auf dem Weg zur grünen Partei im schwarzen Mäntelchen, oder entwickelt sie so etwas wie eine christdemokratische ökologisch-wirtschaftliche Stadtentwicklungspolitik, die ihr eigenes Profil gibt? Unter dem Duo Herhausen/Kineke an der Spitze der Fraktion ist in den vergangenen Monaten noch nicht deutlich geworden, wie die CDU werteorientierten Konservatismus mit progressiver Umwelt- und Wirtschaftspolitik verbinden will. Vieles wirkte, als sei den Christdemokraten vom grünen Juniorpartner die Hand geführt worden.

Dabei braucht Wuppertal auch eine eigenständige, starke CDU. Das gilt ganz unabhängig davon, ob das Herz des Bürgers eher links schlägt oder in der Mitte. Wuppertal ist eine Stadt, die ohne Hilfe von außen nicht existieren kann. Sie ist darauf angewiesen, dass die NRW-Landesregierung und die Bundesregierung sie nicht nur wahr-, sondern auch ernst nimmt. Die Stadt sitzt auf einem immensen Schuldenberg. Und nur die historisch lange, aber sicher nicht endlose Niedrigzinsphase führt dazu, dass Wuppertal sich überhaupt noch etwas leisten kann. Viel ist das allerdings nicht. Umgerechnet auf alle 360 000 Einwohner erreicht die freie Spitze im Haushalt für Kultur, Freizeit und Sport pro Monat gerade noch den Gegenwert einer Kinokarte nebst einer kleinen Portion Popcorn. Das ist erwähnenswert in einer Zeit, in der das kleine Städtchen Monheim am Rhein sich mit dem Gedanken trägt, seine Gäste künftig mit einem turmhohen Geysir am Ortseingang begrüßen zu wollen - bar bezahlt, versteht sich.

Die Lebensverhältnisse auch in NRW-Städten und Kreisen sind alles andere als gleich. Umso notwendiger ist für die armen Kommunen eine starke Lobby in Düsseldorf und Berlin. Da wie dort haben die Christdemokraten das Sagen. Deshalb wiegt es schwer, dass es Wuppertals CDU zuletzt nicht mehr gelungen ist, einen Kandidaten aus dem Wahlkreis Wuppertal in den Landtag und in den Bundestag zu entsenden. Dort ist als Christdemokrat allein Jürgen Hardt unterwegs, aber mit einem Solinger-Wuppertaler Mischmandat.

Derzeit spricht vieles dafür, dass sich die politische Farbenlehre in Deutschland nicht verändern wird. Deshalb muss es im Interesse der Wuppertaler CDU sein, sich auf den Ebenen jenseits des Rathauses wieder Position und mehr Gehör zu verschaffen. Der Weg dorthin beginnt im Stadtrat. Fast alle politischen Karrieren haben in Kommunalparlamenten begonnen. Das ist das Wesen des Föderalismus, und der kann nur funktionieren, wenn die Parteien und Fraktionen in den Städten und Gemeinden ihren Aufgaben möglichst professionell nachgehen.

Es ist alles andere als unwichtig, wer für die staatstragenden Parteien in Stadträten das Wort führt. Deswegen lohnt sich heute der Blick in den prachtvollen Großen Saal der Historischen Stadthalle. Unmittelbar geht es nur um die CDU. Mittelbar geht es um die Frage, wie diese Stadt lokal, im Land und auf Bundesebene wahrgenommen wird. Denn auch davon hängt letztlich die Antwort auf die Frage ab, ob Wuppertal im Zug in die Zukunft einen Platz im Salonwagen bekommt, oder ob es weiter im Kohlentender schuften muss. Das wäre schade. Wuppertal und die Wuppertaler haben mehr verdient.