Doktor Merkel und der multiple Mister Knör

Parodist Jörg Knör zelebriert ein Fest multipler Identitäten.

Wuppertal. Wenn Jörg Knör auf der Bühne steht, die dunkle Sonnenbrille aufsetzt und mit rauchiger Stimme die Worte „Sex Bomb“ herauspresst, dann ist er irgendwie nicht mehr Jörg Knör — dann ist Tom Jones, der „Tiger aus Wales“ auf einmal zu Gast im Haus der Jugend. Denn nicht nur mit der Stimme, auch mit Mimik und Gang schlüpft Knör in die Rolle seiner Objekte und legt gleichsam die eigene Identität ab. „Alles nur Show“ heißt das Bühnenprogramm, mit dem der Wuppertaler am Sonntagabend die Heimat besuchte — und eindrucksvoll zeigte, dass ihm in punkto Parodie so schnell niemand das Wasser reichen kann.

Lustvoll jonglierte Knör vor knapp 220 Besuchern mit Komik, Ironie, Musik und handgemachten Karikaturen. Dabei ließ er auch aktuelle Themen nicht aus: Angela Merkel, Silvio Berlusconi, Öko-Kraftstoff und Modemacher Karl Lagerfeld bekamen ihr Fett weg. So wird Bundeskanzlerin Angela Merkel zu einer Figur, die nicht nur bei der Jackenwahl einen fragwürdigen Geschmack hat. „Wir sehen einen aus Haaren geformten Stahlhelm“, verknüpft Knör Frisur mit Politik und wirft diesen Umstand kurzerhand auf ein Zeichenblatt. Während die Lacher noch andauern, geht im Publikum schon das Feilschen um die Zeichnung los.

Auch die neuen Medien sind Thema bei Knör: Spanner der Nordseeinsel Sylt werden zu Mitarbeitern von „Google Beach View“, die Kurzmitteilung (SMS) ist seit Boris Becker eine Abkürzung für „Schluss mit Sandy“. „Ich bin wirklich begeistert. Es ist sehr lustig“, freute sich Besucherin Sabine Eckold-Seer, die mit Jörg Knör zur Schule ging. Einige seiner Zeichnungen habe er damals schon so ähnlich skizziert. Daraus macht der Komiker gar keinen Hehl: „Das Programm ist wie ein Wohnzimmer, das ständig renoviert wird. Altes raus, Neues rein.“

Dass auch nach dreißig Jahren Bühnenerfahrung nicht ein Live-Abend wie der andere ist, machte Knör in einem der seltenen ernsten Momente des Abends klar. „Mein Vater sitzt heute im Publikum“, erklärte der Komiker die besondere Aufregung beim Heimspiel. „Es ist lange her, dass er mich gesehen hat.“ Da waren Jones, Merkel oder Ratzinger kurz mal weg — und machten Platz für Jörg Knör selbst. Wo, wenn nicht beim Heimspiel?