Energetische Sanierung kommt nur schleppend voran
Beim 100. Treffen des Stammtischs in der Volkshochschule waren der Energiepreis und die Idee einer CO2-Steuer Thema.
Wuppertal. Wer seine 100. Veranstaltung begeht, der sollte sich dazu einen Ehrengast einladen. Das dachte sich auch der „Stammtisch Energie“ der Verbraucherzentrale NRW in der Volkshochschule und lud am Mittwochabend Oberbürgermeister Andreas Mucke zu einer Diskussion über energetische Sanierung und Leerstände in Wuppertal — als ehemaliger Geschäftsführer der Quartierentwicklungs GmbH kennt er das Thema.
Neben Mucke saßen Vertreter der Hauseigentümer, der Mieter und der Verbraucherzentrale NRW auf dem Podium. Moderiert wurde der Abend von Energieberater Stefan Bürk. Angesichts der Tatsache, dass die Leerstände in Wuppertal deutlich über dem Landesdurchschnitt liegen, stellte sich in der Debatte schnell die Frage, ob Immobilieneigentümer trotz oder vielleicht gerade deshalb in die energetische Sanierung investieren sollten.
Laut Bürk liegt die Leerstandsquote in der Stadt bei rund sechs Prozent. Der landesweite Durchschnitt ist 3,8 Prozent, in kreisfreien Städten beträgt er sogar nur 2,9 Prozent. Für Wohnungsunternehmen - egal ob städtisch oder privat - oder auch private Immobilienbesitzer bliebe also noch viel zu tun.
Mucke versuchte denn auch gar nicht erst, die Situation schönzureden. Auch wenn sich die Lage mit leerstehenden Wohnungen in den vergangenen Jahren verbessert habe, bleibe der Leerstand „noch ein Problem“. Rund 10 000 Wohnungen in der Stadt stünden derzeit leer. Oft sind davon Gründerzeitbauten betroffen, die zum deutlich überwiegenden Teil (85 Prozent) in privater Hand seien. Und Privatleute nähmen eben in der Regel nicht so viel Geld in die Hand, um ein mehr als 100 Jahre altes Gebäude komplett energetisch zu sanieren.
Die energetische Sanierung - wie etwa die Dämmung der Wände, die Erneuerung der Heizung oder der Austausch der Fenster - kann die Betriebskosten senken und den Wert der Häuser steigern. Zudem ist es ein Beitrag zum nachhaltigen Klimaschutz. Gleichwohl kann kein Eigentümer dazu verpflichtet werden, schließlich muss sich jeder Hausbesitzer ausrechnen, wie hoch er die Miete nach der Sanierung anhebt. Bis zu elf Prozent sind möglich, allerdings muss sich der Eigentümer die Anhebung - gerade vor der hohen Leerstandsquote in der Stadt - reiflich überlegen, sofern er Mieter nicht vergraulen möchte.
Die Folge: In Wuppertal liegt die Sanierungsquote bei unter einem Prozent. Um die Anhebung der Miete nach einer energetischen Sanierung nicht zu hoch ausfallen zu lassen, riet Reinhard Loch von der Verbraucherzentrale NRW dazu, die Kosten zwischen Mieter, Vermieter und Staat zu dritteln. So könnte der Staat die Sanierungsmaßnahmen durch günstige Kredite, steuerliche Abschreibungen und Tilgungsnachlässe unterstützen.
Zugleich sprach sich Loch für eine CO2-Steuer aus, mit der Öl- oder Gasheizungen belegt werden könnten. „Der Energiepreis ist zu niedrig“, erklärte er. Mit der Einführung einer CO2-Steuer würde der Energiepreis steigen, mehr Bürger könnten motiviert werden, Geld in die energetische Sanierung zu stecken.
Die Vertreter der Immobilieneigentümer sahen für solche Maßnahmen freilich keinen Anlass. Der Bedarf an der energetischen Sanierung sei riesig, sagte Dirk-Ingmar Wimmershoff von Haus und Grund. Die Vertreter der Mieter (Jutta Hüppop vom Bergischen Mieterring, Gerd Lange vom Deutschen Mieterbund Wuppertal) unterstrichen, dass auch die Mieter ein Interesse an der energetischen Sanierung der Wohnungen hätten. „Allerdings machen sie sich keine Vorstellung davon, wie teuer das sein kann“, sagte Hüppop. Zudem falle die Einsparung bei den Heizkosten nicht immer so stark ins Gewicht wie vorher erwartet.