„Es macht Spaß, aber auch viel Arbeit“

Karl-Heinz Schneider wollte trotz Rente weiter aktiv bleiben. Nun lehrt der 66-Jährige als Lehrer an der Deutschen Schule in Moskau.

Karl-Heinz Schneider mit seiner Klasse.

Foto: Karl-Heinz Schneider

Wuppertal. Als Karl-Heinz Schneider (66) im Februar dieses Jahres Rentner wurde, wusste der Lehrer sofort. „Ich muss noch etwas machen. Ich habe mich richtig arbeitslos gefühlt. Und das lag sicherlich an meiner Schule, denn am Carl-Fuhlrott-Gymnasium, wo ich länger als 38 Jahre unterrichtet habe, passte in Bezug auf Eltern, Lehrerkollegen und Chef einfach alles“, erzählt er.

Zunächst hatte der Physiklehrer noch jede Woche acht Stunden in seiner alten Schule als Angestellter weiterunterrichtet. Aber als er eine Bildungsmesse in Köln besuchte, sah er am großen Stand der deutschen Auslandsschule viele Stellenangebote. „Und unten links, da war eine, die passte genau auf mich. Die brauchten einen unabhängigen Physiklehrer.“

Karl-Heinz Schneider im Moskauer Schnee.

Schneider musste sich mit Geburtsurkunde und Zeugnissen bewerben, wurde angenommen und lebt und arbeitet seit einigen Monaten mitten in Moskau. Dort, wo es Deutschland „im Kleinen“ gibt, denn im deutschen Dorf wird ausschließlich Deutsch gesprochen. Es gibt einen Kindergarten, eine Grund-, eine weiterführende Schule und Wohnungen in 16-stöckigen Hochhäusern in Plattenbauweise. Es ist das ehemalige Botschaftsgelände der DDR, das 1975 gebaut wurde.

„Ich habe meine Wohnung in Wuppertal leergeräumt, vermietet und mich in meiner kleinen Wohnung im elften Stock im deutschen Dorf eingerichtet“, erzählt Schneider, der die deutschen Auslandsschulen hochspannend findet. Weltweit gibt es 140 Einrichtungen dieser Art.

In der zweizügigen Schule unterrichtet er neben Physik auch Natur und Technik sowie Informatik in sechs verschiedenen Klassen. Und in der 7b ist er sogar der Klassenlehrer. „Es macht viel Spaß, aber auch viel Arbeit. Zeit, um durch Moskau zu laufen, habe ich bislang kaum gehabt“, hat er schon in diesen ersten Wochen gemerkt.

Die Klassen der neuen Schule sind kleiner als in Deutschland, maximal 17 Kinder werden in einer Schulklasse unterrichtet. Es gibt eine Rezeption wie in einem Hotel, eine Mensa und die Ausstattung, beispielsweise im IT-Bereich, sei hervorragend. Wenn etwas fehlt, ergänzt es Schneider in Eigenregie. In den Herbstferien, die in Moskau nur eine Woche lang sind, hat er sich schnell einen Flug in die alte Heimat gebucht und sich das eine oder andere Gerät für den Physikunterricht gekauft.

Die halb staatlich und halb privat finanzierte Schule gehört zur Deutschen Botschaft. Kinder der Botschafter, von Geschäftsleuten, Repräsentanten und wohlhabenden Moskauer Familien besuchen sie. Voraussetzung ist, dass man Deutsch spricht. Und auch Kinder prominenter Politiker haben die Schule schon besucht. „Beide Töchter von Wladimir Putin haben hier ihr Abitur gemacht“, weiß Schneider.

Das Gelände der Schule wird bewacht, ist von einem drei Meter hohen Zaun umgeben. Ohne die Genehmigung der Deutschen Botschaft darf niemand ins Dorf. „Der Direktor des Goethe-Instituts lebt auch hier im Dorf. Aber wir bedauern alle, dass es keine gedruckten deutschen Zeitungen in Moskau gibt“, sagt Schneider.

Gleichwohl fühlt sich der 66-Jährige in seiner neuen Heimat schon zu Hause. Er möchte junge Lehrer motivieren, mal für drei oder sechs Jahre an eine deutsche Schule im Ausland zu gehen: „Für die eigenen Kinder ist die Schule, für die sonst Schulgeld bezahlt werden muss, dann kostenfrei“, sagt er.