Fünf Gründe, Festivals im Regen zu lieben

Das Festival fällt ins Wasser — zum Glück! Denn erst bei Regen machen Events mit Zeltplatz-Pflicht Laune. Warum wir aufs Ussel-Wetter nicht verzichten wollen.

Foto: dpa

Düsseldorf. 2016 war’s extrem: Erst Regen, dann eine Unwetterwarnung — und dann war Rock am Ring plötzlich zu Ende. Abbruch. Weil niemand riskieren wollte, das Mega-Event fortzuführen angesichts des Ungemachs, das von oben drohte. Festivals und Regen - das gehört in unseren Breiten beinahe ebenso zusammen wie Weihnachten, 15 Grad und absolut kein Schnee in Sicht. Und das ist gut so! Aus fünf simplen Gründen muss man Festivals zwischen Matsch und Modder einfach lieben:

Wenn’s draußen heftigst pläddert, wird es im Zelt umso gemütlicher. Zumindest, wenn das Zelt kein Supermarkt-Ramsch ist, für einen Zwanziger in letzter Minute vom Grabbeltisch gerafft. Ernsthaft: Die Stoffhütte darf ruhig ein bisschen was kosten. Denn dann hält sie auch das Wasser ab. Und es bleibt drinnen warm und trocken, während draußen die Welt versinkt. Es gibt keine bessere Entschuldigung dafür, die Behausung wirklich nur für die absoluten Konzert-Highlights zu verlassen. Und im Übrigen auszuspannen, zu quatschen, zu lachen — und einfach mal absolut nichts zu tun. Natürlich im superbequemen Trainingsanzug. Der ist das einzige Kleidungsstück, der das Zelt niemals verlassen darf.

Schon mal gemacht? Fühlt sich merkwürdig an. Die Füße lassen sich nicht wirklich bewegen. Dafür leistet der Morast zu viel Widerstand. Spätestens nach ein paar Bewegungen hin und her ist man sohlentief eingesunken. Bleibt nur, den Oberkörper im Takt zu wiegen und die Knie zur Hilfe zu nehmen, ein wenig. Oder beherztes Stapfen. So rumpelstielzchen-artig. Wie anstrengend das ist — das eine wie das andere —, bemerkt man kaum. Denn die Abkühlung kommt von oben. Permanent. Kalte Tropfen klatschen auf die Haut, die sich langsam erwärmt. Kalt trifft warm. Platsch. Platsch. Platsch. Die Frisur ist (endgültig) dahin. Macht nichts. Alles fühlt sich so gut an… Das Beste kommt natürlich zum Schluss: Wenn’s langsam dann doch zu kalt wird, geht’s ab unter die warme Campingplatz-Dusche (dass es sich um eine solche handelt, ist in dem Moment völlig egal). Und danach in den superbequemen Trainingsanzug schlüpfen. Siehe oben.

Schließt nahtlos an Grund 2 an: Weil überproportional viele Festival-Besucher sich bei allzu starkem Regen bevorzugt dem Ausspannen im Zelt widmen — siehe 1 —, ist für den geneigten Regen-Tänzer vor der Bühne mehr Raum vorhanden. Schon mal das Bedürfnis nach Ausdruckstanz verspürt? Jetzt kann man sich dem hemmungslos hingeben. Ohne die Nachbarn zu ohrfeigen, weil die nicht ausweichen können.

Je abseitiger das Konzert (und je stärker der Regen), desto mehr Platz. Und desto weniger Zuschauer, die die Verrenkungen mitbekommen könnten (und einen womöglich am nächsten Tag in der Sonne und nüchtern drauf ansprechen würden…).

Für ein paar Stunden wieder Kind sein — das geht nirgends so gut wie auf dem verschlammten Festival. Weil es sowieso aussichtslos ist, die Klamotten auch nur halbwegs sauber zu halten, kann man sich auch direkt in sein Schicksal fügen — und einfach mitmachen bei der buchstäblichen Schlammschlacht, die gerade ein anderer infantiler „Erwachsener“ anzettelt. Außerdem: Es soll ja sogar Menschen geben, die für Schlammbäder ein Vermögen bezahlen. Platsch.

Und das ganz ohne nachdenken zu müssen! An schönen Festival-Tagen merkt man nämlich oft erst abends, wie sehr die Sonne Arme, Beine, Nasenrücken und alles, was nicht von T-Shirt oder Hose bedeckt war, durchgebrutzelt hat. Und dann ist’s zu spät. In diesem Sinne: Danke für den Regen. Danke für deine Hilfe, Petrus, du Wettergott!